„Die Welt ist schön, wenn du in Frieden mit dir bist.“ — Unbekannt
„Die ‚leise, kleine Stimme‘ im Inneren ist der Teil von uns, der nicht Objekt, sondern Subjekt ist. Er ist nicht erkennbar sondern nur erlebbar. Wenn du dies begreifst, wird die Reise zu einer, bei der du dich von deinen Definitionen über dich selbst befreist.“ – Ram Dass (1931-2019) war ein Professor für Psychologie an der Harvard-Universität, der sich dem Hinduismus zuwandte.
Braucht Ordnung Kontrolle?
Früher habe ich Sicherheit mit Ordnung gleichgesetzt, als etwas, das ich nur durch Kontrolle erreichen konnte. Es war wie ein festes Gerüst, das das Chaos in meinem Leben in Schach hielt. Doch in den Krisen meines Lebens wurde mir immer wieder klar, dass ich mich nicht sicher fühle, nur weil ich diszipliniert bin. Ich wollte mich schützen, hatte Angst davor, mich einzulassen, loszulassen – das Denken, das Tun, die Kontrolle. Doch erst, als ich den Mut fand, die Dinge ehrlich zu betrachten, wie sie sind, begann ich zu vertrauen und lernte, mich der Weite der Liebe hinzugeben. Erst als ich aufhörte, perfekt sein zu wollen, und stattdessen meine Verletzlichkeit zuließ, konnte ich mich den Menschen um mich herum öffnen und der natürlichen Dynamik des Lebens vertrauen. Mich geborgen zu fühlen, kam nicht aus meinen Anstrengungen, sondern war etwas, das ich zulassen musste – etwas, das tief aus meinem Herzen kam. Und so wurde mein Wunsch nach Sicherheit lebendig: zu einer ruhigen, entspannten Kraft, die mich trägt, statt mich einschränkt.
In Gemeinschaften, die von Kreativität, Mitgefühl und Engagement getragen werden, habe ich erlebt, dass es weniger darum geht, Kontrolle auszuüben, als ehrlich zu sein und Vertrauen zu fördern. Genau in dieser Ehrlichkeit liegt ihre Stärke: die Fähigkeit, Unsicherheit auszuhalten und aus dem Chaos etwas Neues entstehen zu lassen. So habe ich gelernt, mich mit der Ungewissheit anzufreunden. Nicht als Bedrohung, sondern als Einladung.
Die Reise zur inneren Ordnung
Diese Transformation erfordert Mut. Den Mut, die eigenen Schattenseiten anzusehen – die Momente der Verwirrung, der Angst und der Unsicherheit. Viele von uns haben verlernt, darauf zu vertrauen, dass wir mit Negativität umgehen können. Stattdessen suchen wir nach äußerer Kontrolle, um uns sicher zu fühlen. Aber wahre Sicherheit entsteht nicht durch das Beherrschen von Umständen. Sie entsteht, wenn wir bereit sind, ehrlich mit uns selbst zu sein.
Ehrlichkeit bedeutet, unsere Fehler anzunehmen, unsere Schwächen zu umarmen und uns selbst Mitgefühl zu schenken. Es verlangt, dass wir uns nicht aufgeben, selbst wenn wir uns in Wut, Eifersucht oder Angst verfangen. Wenn wir diese Gefühle nicht verleugnen, sondern als Teil unserer Menschlichkeit anerkennen, können wir eine tiefere Verbindung zu uns selbst und zu anderen schaffen. Genau hier entsteht eine Ordnung, eine Sicherheit, die nicht auf Zwang basiert, sondern auf Authentizität.
„Du kannst jemanden nicht hassen, dessen Geschichte du kennst.“
Diese einfache Wahrheit erinnert uns daran, wie kraftvoll es sein kann, Verletzlichkeit zu teilen. In einer Welt, die Perfektion glorifiziert, erfordert es Mut, die eigene Unvollkommenheit zu zeigen. Doch genau diese Verletzlichkeit öffnet Herzen und baut Brücken. Sie zeigt uns, dass wir in unserer Verwirrung und unserem Chaos nicht allein sind. Indem wir uns öffnen, gehen wir über das Oberflächliche hinaus und erkennen das Gemeinsame: die Verletzlichkeit, die Hoffnungen und die Träume, die uns alle verbinden. Statt Sicherheit in Kontrolle zu suchen, können wir lernen, mit der Unvorhersehbarkeit des Lebens zu tanzen. Sie fordert uns auf, flexibel zu sein, kreativ zu denken und uns anzupassen. In der Akzeptanz der Ungewissheit liegt unsere Freiheit. Sie erlaubt uns, das Leben nicht als Problem, sondern als endlose Möglichkeit zu sehen. Und indem wir diese Verbundenheit anerkennen, entsteht eine Ordnung, die nicht auf Kontrolle, sondern auf Vertrauen basiert. Das braucht Mut und die Bereitschaft, das Leben in all seiner Komplexität – so wie es ist – anzunehmen. Wenn wir uns selbst und anderen ehrlich begegnen, entsteht eine neue Form von Sicherheit – keine aufgesetzte Ordnung, sondern eine, die aus der Tiefe unseres Menschseins hervorgeht. Eine Ordnung, die nicht einengt, sondern befreit.
Nachspüren
Was bedeutet es für dich, verletzlich zu sein? Wann hast du dich zuletzt verbunden gefühlt, weil du dich verletzlich gezeigt hast? Wie könnte Ungewissheit in deinem Leben zu einer Quelle der Freiheit werden?
Podcast-Meditation Vertrauen
Vertiefung: Mut zum Risiko
Gerald Blomeyer, Berlin am 22. Januar 2025
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