„Wenn wir uns des Todes bewusst sind, werden wir nicht ängstlich sein. Wir werden spüren, dass der Tod nur wie ein Kleiderwechsel ist.“ – Dalai Lama
Das Sterben wird im tibetischen Buddhismus als einer Folge von Erfahrungen beschrieben, wie sich subtile Energieformen von den groben Formen von Körper und Geist trennen. „Wenn all diese Kreisläufe des Körpers und des Geistes ihre Funktion einstellen, bleibt nur noch das Gewahrsein selbst übrig, der unkonditionierte, weite Raum reinen Wissens.“ Der Abt Mingyur Rinpoche beschreibt ausführlich seine Nahtoderfahrung, die er zu Beginn eines mehrjährigen Wanderretreats erlebte. „Das ganze Universum öffnete sich und wurde mit dem Bewusstsein vollkommen vereint. Kein begrifflicher Geist. Ich war nicht mehr innerhalb des Universums. Das Universum war innerhalb von mir. Kein vom Universum getrenntes Ich. Keine Richtung. Kein innerhalb oder außerhalb. Keine Wahrnehmung oder Nichtwahrnehmung.“ „Es ging nicht mehr darum, dass ich Bäume sah, denn ich war zu Bäumen geworden. Ich und Bäume waren eins. Bäume waren nicht das Objekt des Gewahrseins: Sie manifestierten das Gewahrsein. Sterne waren nicht das Objekt des Wohlgefallens, sondern das Wohlgefallen selbst. Kein getrenntes Ich liebte die Welt. Die Welt war Liebe. Mein perfektes Zuhause. Weit und intim. Jedes Teilchen sprühte vor Liebe, war liquide, fließend, ohne Barrieren. Ich war ein sprühendes Teilchen, kein interpretativer Geist, Klarheit jenseits von Gedanken.“
Sterbebett-Visionen treten häufig kurz vor dem Tod auf. Oft sind es Erscheinungen von verstorbenen Verwandten und Freunden oder auch religiöse und mythologische Figuren. Die Sterbenden sehen überirdische Welten, die lichtdurchflutet, schön, mit intensiven Farben, wie im Film mit Robin Williams „Hinter dem Horizont“. Diese Erfahrungen sind heiter, friedvoll und freudig. Das erinnert an Steve Jobs (56) letzte Worte: „Oh wow. Oh wow. Oh wow.“ Seine anwesende Schwester Mona Simpson hat sie für uns festgehalten.
Empatisch Sterben: Doch auch Angehörige und Freunde können diesen Vorgang in seltenen Fällen miterleben. Dr. Raymond Moody hat für dieses Phänomen in seinem Buch „Glimpses of Eternity“ dafür die Begriffe „Empathic Death“ und „Shared Death Experiences (SDE)“ geprägt. Sein Fazit: „Nach meiner Nahtodforschung und meinen persönlichen Erfahrungen ist der Tod einfach ein Übergang in eine andere Art von Realität.“ Diese Erfahrung tritt auf, wenn jemand stirbt und ein anderer das Gefühl hat, am Übergang des Sterbenden von diesem in ein jenseitiges Leben teilzuhaben. Zwei Drittel solcher Erfahrungen, sagt Moody, geschehen in der Ferne, d.h. die Menschen sind nicht vor Ort, sondern wo anders. Viele Menschen hatten mal das Gefühl, dass ein geliebter Mensch in Not war, nur um dann einen Anruf zu erhalten, der mitteilte, dass er gerade gestorben war.
Der deutsche Autor Bernard Jakoby schreibt in „Begegnungen mit dem Jenseits“: „Empathische Todeserlebnisse werden vor allem von Menschen erlebt, die durch eine tiefe Liebe miteinander verbunden sind. Der soeben Verstorbene erreicht das Bewusstsein des Angehörigen.“ Obwohl Der Erlebende muss dann nicht am Sterbeort sein, um den Sterbevorgang intensiv mitzuerleben. Mein Vater begegnete z.B. seinem besten Freund unmittelbar nach seinem Tod als transparente Figur auf der Straße. Der strahlend lächelnde Kopf eines Freundes erschien mir, nachdem er nach langer Krankheit verstarb. Er war befreit und glücklich. In letzter Zeit haben mir einige Freunde berichtet, wie sie empathisch den Todes eines Verwandten oder Freundes erlebt haben. Andere hatten intensive Erlebnisse mit ihrem Vater, mit dem sie in Liebe verschmolzen. Am Montag werden wir die Meditation von Steven Levine „Atmen, um neu geboren zu werden“ üben, um ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie unser transparenter Energiekörper mit dem festen Körper verbunden ist.
Gerald Blomeyer, Berlin 30.3.2022
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