Mut beginnt damit, dass wir uns zeigen und erlauben, gesehen zu werden.“
– 
Brené Brown, amerikanische Sozialforscherin
 
Was passiert, wenn wir unsere Gefühle über einen längeren Zeitraum unterdrücken? Sie verschwinden nicht einfach. Früher oder später äußern sie sich in körperlichen oder psychischen Problemen. Das Erkennen, Verstehen und Benennen von Gefühlen sind eng mit Selbstbewusstsein und sozialem Bewusstsein verbunden.“
– Dr. Marc Brackett, Yale Center for Emotional Intelligence

 

Gespräche sind Interaktionen

Wenn ich mit offenem Herzen spreche – über das, was mich wirklich bewegt –, schenke ich dem Publikum etwas Persönliches. Öffentlich zu sprechen berührt Körper und Geist. Meine Begeisterung setzt Adrenalin frei, lässt Ideen fließen und schafft Verbindung. Die Art, wie ich etwas sage, ist ebenso wichtig wie das, was ich sage. Wenn ich selbst weiß, warum meine Botschaft wichtig ist, kann ich andere dafür gewinnen.
Sprechen und Zuhören sind kein Pingpong-Spiel, sondern ein lebendiger Kreislauf. Wie ich spreche, beeinflusst, wie du zuhörst – und umgekehrt. So entsteht dynamische Resonanz, Tiefe, echtes Gespräch. Wirkung entsteht nicht durch Perfektion, sondern durch Präsenz: durch Verbundenheit mit der Botschaft, dem Publikum und sich selbst. Wenn wir den Drang loslassen, alles kontrollieren zu müssen, wird Begegnung möglich. Fehler gehören dazu – sie machen uns menschlich. Menschen hören lieber jemandem zu, der echt ist, als jemandem, der unantastbar wirkt.
Präsenz bedeutet Vertrauen – in den Moment, in sich selbst, in das Gegenüber. Wer präsent ist, schafft Verbindung. Es geht nicht um Perfektion, sondern ums Spüren.


Willkommen heißen nimmt den Druck

Jeder hört anders. Wenn wir das begreifen, verändert sich alles. Wir können unser Sprechtempo, unsere Wortwahl und unsere Körpersprache anpassen – mit Demut und Achtsamkeit. Gutes Zuhören macht gutes Sprechen möglich, denn alles greift ineinander. Polarisierung und harte Debatten entstehen meist dort, wo echtes Zuhören fehlt.
Zwei Menschen können völlig unterschiedliche Ansichten haben – und beide können recht haben. Jeder bringt seine eigene Geschichte, seine Überzeugungen, seine „Hörposition“ mit. Wer das versteht, kann alles willkommen heißen, dem Leben zuhören, antworten und nachspüren, was in uns auftaucht. Es ist wie ein dreifacher Atem: erst lauschen, dann reagieren, schließlich verstehen.
Wenn eine Emotion anklopft, lauschen wir. Gedanken, Empfindungen, Erinnerungen und Gefühle sind Boten, die unsere Aufmerksamkeit suchen. Doch reines Zuhören genügt nicht. Irgendwann treten wir in Kontakt mit dem, was da ist – mit der Botschaft, die uns etwas zeigen will. Willkommen heißen bedeutet, in Beziehung zu treten – offen, neugierig, bereit zu lernen. Dann folgt das Nachspüren. Wir fragen unseren Körper: „Was willst du mir zeigen? Was darf ich verstehen – oder tun?“
In diesem Moment verwandelt sich das, was uns vielleicht Angst gemacht hat, in eine Botschaft, in einen Hinweis. Wenn wir lernen, diese Boten unseres Erlebens zu erkennen, anzunehmen und ihnen mit Offenheit zu antworten, entsteht Raum – für Verständnis, Heilung und Verbundenheit.



Glück

Mit jeder Begegnung lernen wir, mit allem, was das Leben bringt – Schmerz, Krankheit, innerem Leiden, aber auch Freude, Erkenntnis und Liebe – bewusst und freundlich umzugehen.
Und vielleicht beginnt alles mit der Stille. In ihr stellen wir unsere Ohren neu ein – weg vom Lärm, hin zur echten Aufmerksamkeit. Blickkontakt, offenes Interesse, Fragen, die weiterführen – und manchmal einfach Stille.
Gute Kommunikation braucht diesen Raum, in dem Neues entstehen darf. Wer sich wirklich zeigt, erlebt Präsenz in ihrer reinsten Form. Wir sind ganz im Moment – verbunden, klar. Worte fließen, Verständnis entsteht, und das fühlt sich zutiefst erfüllend an.
Je präsenter wir sind, desto glücklicher – und desto kraftvoller unsere Kommunikation. Der Anfang jeder echten Begegnung ist: zuhören, atmen, präsent sein.
 

Nachspüren

Wann war ich das letzte Mal wirklich präsent – mit mir selbst oder mit einem anderen Menschen?
Wie fühlte sich das an, körperlich und emotional?
Was geschieht in mir, wenn ich aufhöre, etwas verändern zu wollen – und einfach nur zuhöre, was gerade da ist?
 
 
Podcast-Meditation Bewusst, geerdet, präsent
 
 
Gerald Blomeyer, Berlin am 20. Oktober 2025
 
 
Foto (c) Tom Pingel
 

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