Große Kunst und kleine Schritte

Iteration führt durch Wiederholung zu stetiger Weiterentwicklung, Anpassung und neuen Chancen. Sie fördert Resilienz, Kreativität und eine Haltung, die auf Wachstum ausgerichtet ist.“ – nach The Learning Quest

 

Iteration heißt, Ideen mit jedem Schritt zu verfeinern.

Ob in Kunst, Musik, Wissenschaft oder im agilen Projektmanagement – durch wiederholtes Überarbeiten entstehen Verbesserungen, überraschende Wendungen und tiefere Einsichten. Entscheidend ist nicht Perfektion, sondern der Mut, Fehler zuzulassen und daraus zu lernen. Iteration sagt: „Wenn nicht so, dann eben anders.“ Keine Ausrede – ein Prinzip des Weiterentwickelns. Sie ist wie dieser eine neugierige Freund, der noch eine Idee hat, während wir schon den Mantel anziehen.

Ich fühlte mich festgefahren. Immer dieselben Aufgaben. Also startete ich einen Newsletter. Einen pro Woche – klein, aber machbar. Dann kam Feedback. Aus dem Newsletter entstand ein Blog, aus dem Blog ein Buch.
So beginnt es: mit einem Impuls – und dem Mut, zu zeigen, woran man leise arbeitet. Ich bin hineingewachsen, wurde stärker, weil ich mir erlaubt habe, immer wieder neu anzusetzen. Eine iterative Denkweise ist ein Lebensstil: Annähern, Verfeinern, Loslassen, Wiederaufgreifen – ein kontinuierlicher Wandel, der uns beweglicher, kreativer und lernfähiger macht.

 

Innovation braucht Mut

Iterative Prozesse verlaufen selten geradlinig. Sie sind lebendig – voller Umwege, Korrekturen und neuer Anläufe. In Unternehmen heißt das: Räume schaffen, in denen Teams ausprobieren, Fehler machen und lernen dürfen.

Adaptive Führung setzt auf Flexibilität, Kreativität und den produktiven Umgang mit Unsicherheit. Sie sucht nicht nach endgültigen Antworten, sondern nach Entwicklung – durch Reflexion und Anpassung. Denn echte Innovation beginnt oft mit einem Satz wie:
Ich habe da eine Idee … vielleicht verrückt, aber …“ – und plötzlich liegt Magie in der Luft.

Anstelle von Perfektion sagen wir: 80 Prozent reichen. Das Unfertige ist kein Makel, sondern eine Einladung zum Wachsen. Entscheidungen werden dynamischer, Ideen mutiger. Und genau dort, wo Raum für Mut entsteht, beginnt Innovation.
Führung, die das erkennt, braucht keine perfekten Antworten – sondern Menschen mit Empathie, mit Fragen und mit der Bereitschaft, den nächsten Schritt zu wagen.

 

Ein Theaterstück, das sich immer wieder neu erfindet

Die Netflix-Doku Stranger Things: The First Shadow – Hinter den Kulissen fesselte mich durch ihren Blick auf den kreativen Prozess. Sie zeigt, wie eine große Produktion durch ständiges Ausprobieren, Verwerfen und Verfeinern entsteht – mit dem Ziel, emotional zu berühren und visuell zu überraschen.

Dieser Prozess lief bis kurz vor der Premiere 2023 im Londoner West End. Das Theaterstück basiert auf einer Geschichte der Duffer-Brüder, geschrieben von Kate Trefry. Die Kamera zeigt nicht nur das Ergebnis, sondern auch das Werden: Außenseitertum, Einsamkeit, die Frage, ob das Leben einen formt oder zerstört – und: Wird man böse geboren oder wird man es?

Große Kunst entsteht nicht auf einen Schlag, sondern in vielen kleinen, mutigen Schritten. Trefry beschreibt begeistert, wie es ist, die eigene Geschichte live auf der Bühne zu erleben – mit all den Reaktionen des Publikums. Zum Broadway-Start sagt sie: „Vielleicht haben sich zehn Seiten seit London nicht verändert. Aber das hier ist unsere Chance, es wirklich auf den Punkt zu bringen.

Diese Freude an der nächsten, besseren Fassung – genau das ist Iteration. Ein ständiger Lern- und Anpassungsprozess, der sich mit jedem Durchlauf einer stärkeren Lösung nähert.

 

Nachspüren

Wie fühlt es sich an, nicht zu wissen, ob etwas gelingt – und es trotzdem zu wagen? Wähle einen Fokus. Entscheide dich für ein Projekt. Mach die kleinste Version davon fertig. Hol dir Feedback. Mach es besser. Wiederhole es immer wieder.

 

Iteration ehrt die Wahrheit, dass wir keine statischen Wesen sind. Wir entfalten uns ständig weiter. Unsere Arbeit ist der Spiegel – jede Version, jedes Angebot ein Abbild unseres inneren Zustands.“ Shamayim, amerikanischer Fotograf

 

 

Gerald Blomeyer, Berlin am 16. Juli 2025

 

 

Addendum

Die Perfektionismus-Falle
von Jim Odom

Perfektionismus fühlt sich oft wie ein ehrenwertes Ziel an. In Wirklichkeit lähmt er uns und hindert uns daran, voranzukommen – solange nicht jedes Detail perfekt erscheint. Doch wahre Perfektion entsteht durch den Prozess des Veröffentlichens, Lernens und stetigen Verbesserns – nicht durch Abwarten.

Twitter startete als einfaches, SMS-basiertes Kommunikationstool mit begrenzter Funktionalität. Es war nicht perfekt, aber es funktionierte. Als die Nutzer:innen begannen, damit zu interagieren, sammelte das Team Feedback, erkannte, was funktionierte – und verbesserte es schrittweise. Mit der Zeit entwickelte sich Twitter zu einer der einflussreichsten Plattformen der Welt. Nichts davon wäre geschehen, hätten sie auf das „perfekte“ Produkt gewartet.

Die Lektion ist eindeutig: Fortschritt schlägt Perfektion – jedes Mal. Wenn du dich das nächste Mal dabei ertappst, auf den perfekten Moment oder die perfekte Idee zu warten, erinnere dich: Handeln ist der Auslöser für Wachstum.

 

Foto von Guven Gunes auf Unsplash

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