Schülertheater „Des Teufels General“ im Nicolaus Cusanus Gymnasium, 1967, Bad Godesberg
Lutz Bieber, Gerald Robin Blomeyer, Reinhard Dannhoff (Foto) 

 

Alles ist perfekt … und es gibt viel Raum für Verbesserungen!“Suzuki Roshi


Ich darf so sein, wie ich bin.

Heute sehe ich meine selbstkritische innere Stimme ganz anders als früher. Sie war keine positive Eigenschaft, sie hat mich verbogen. Heute weiß ich: Nichts muss verbessert werden, und meine Gefühle müssen nicht angenehm werden. Ich erlaube mir, genau so zu sein, wie ich bin – ohne Entschuldigung.

Früher war ich jähzornig. Mein Geist war wie das Wetter. Ich stürmte, war empört, überzeugt, das Recht zu haben, mich zu ärgern. Das prägte, wie ich mich selbst sah und wie ich der Welt begegnete. Mit der Zeit lernte ich, dass genau dann, wenn meine Gefühle am lautesten tobten, meine tiefste Weisheit ganz nah war. Anstatt vor den Gefühlen wegzulaufen, lernte ich, sie anzunehmen – und schließlich hieß ich sie willkommen. Wenn meine Gefühle aufflammten, explodierten oder fast zu viel wurden, brauchte ich einen starken und zugleich sanften Ausgleich: bedingungslose, liebende Güte – die Fähigkeit, mich selbst so anzunehmen, wie ich bin, mit allen Stärken, Schwächen, Schattenseiten und Widersprüchen.

 

Etwas im Herzen öffnen

Wir hören auf uns selbstkritisch zu bewerten, den Moment kontrollieren zu wollen, die schönen Teile festzuhalten oder die schwierigen wegzuschieben. Diese volle, zärtliche Annahme beendet den inneren Kampf. Denn die Wahrheit ist: Wir können andere nur so lieben, wie wir uns selbst lieben. Wenn wir uns selbst Wärme schenken können, können wir sie auch mit anderen teilen. Mitgefühl ist sanft und weit; es ist warm, weich an den Rändern und grenzenlos einladend. Es lässt uns wieder atmen und all unsere Farben – besonders die wilden – hervortreten. Wir lieben ohne Bedingungen.

 

Wir wählen: eng oder weit

Wer aus Angst oder Selbstschutz erstarrt, wird selbstbezogen und presst sich in eine enge Form. Wenn wir diesen engen Stellen neugierig begegnen, statt sie zu verurteilen, erkennen wir, dass wir mit einer verzerrten Version unserer Energie in Kontakt waren – und nicht mit ihr selbst. Begegnen wir einem heftigen Gefühl mit Zärtlichkeit statt Ablehnung, verschiebt sich etwas. Wir hören auf, das Gefühl loswerden zu wollen, und erlauben ihm einfach, da zu sein. Die Anweisung ist schlicht, aber nicht leicht: Bleib beim Gefühl selbst, wie bei einer Freundin oder einem Freund, der leidet. Das macht uns weit, offen und befreit.

Wenn wir die rohe Energie eines Gefühls annehmen, können wir die Geschichten, die wir uns erzählen, mit Abstand sehen. Wir erkennen, dass jedes dieser Gefühle den Samen seiner eigenen Weisheit in sich trägt.

 

Gerald Blomeyer, Berlin, am 28. November 2025

 

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