Bundesweite Plakatkampagne zum 90. Geburtstag des Dalai Lama vom
International Campaign for Tibet (ICT) in Berlin, Hamburg, München und Frankfurt



Das höchste Glück wird erreicht, wenn wir den Zustand der Befreiung erlangen, in dem es kein Leiden mehr gibt. Das ist echtes, dauerhaftes Glück. Wahres Glück hat mehr mit dem Geist und dem Herzen zu tun. Glück, das hauptsächlich von körperlichem Vergnügen abhängt, ist instabil – an einem Tag ist es da, am nächsten vielleicht nicht mehr.“ – Dalai Lama, Die Regeln des Glücks: Ein Handbuch zum Leben Hrsg Howard C. Cutler

 

Der Dalai Lama hat Geburtstag

Der Dalai Lama ist 90 – und lacht, als hätte er eben den besten Witz seines Lebens gehört. Dabei hätte er mehr als genug Gründe, die Welt mit zusammengebissenen Zähnen zu betrachten: Exil, politische Spannungen, Verlust seiner Heimat. Aber nein – er sitzt da, lächelt verschmitzt wie ein Kind, das gerade Keksteig nascht, und sagt: „Ich bin ein professioneller Lacher.“ Und irgendwie glaubt man es ihm. Während andere sich in Ärger oder Verbitterung verlieren würden, hat er sich für etwas Radikales entschieden: Freude. Einfach – aber nicht simpel: Die Quelle unseres Leids liegt oft in uns selbst. Hart, aber eben auch befreiend. Wut? Er schlägt Geduld vor. Hass? Toleranz. Angst und Sorgen? Na klar, wer kennt sie nicht – aber laut ihm hilft da vor allem eins: ein klarer Kopf und eine ehrliche Absicht. Und dann kommt dieser eine Satz, der klingt, als hätte er das Drehbuch für alle Lebenskrisen geschrieben: „Kann das Problem gelöst werden?“ Wenn ja, aufatmen. Wenn nicht – weiteratmen. Sorgen bringen’s eh nicht. Was man von ihm lernen kann? Dass Frieden nicht davon abhängt, wie glatt das Leben läuft, sondern davon, wie wir innerlich damit umgehen. Und dass man sich durchaus entscheiden kann, trotz allem zu lachen – wie ein Profi.

 

Schneverdingen, Sommer 1998 – „Buddhas Weg zum Glück“

Ich bin dem Dalai Lama zum ersten Mal 1970 in Indien begegnet. Während der Audienz eröffnete sich mir eine Ebene des Bewusstseins, die mich die Welt mit neuen Augen sehen ließ. 1998 sah ich ihn als Koordinator erneut – zunächst in Münster, bei der Einweihung des Friedensparks, und anschließend in Schneverdingen, wo sich zwischen Heidekraut und Kiefernwäldern eine Zeltstadt erhob. Zehntausend Menschen waren gekommen, um ihm eine Woche lang zuzuhören. Er sprach leise, fast zärtlich – über Glück, Leid, das menschliche Herz. Was er sagte, klang schlicht: Alle Lebewesen wollen glücklich sein. Niemand will leiden. Er sprach nicht von Perfektion, sondern von Mitgefühl. Leid, sagte er, beginnt im Geist. Und genau dort kann es auch enden. Negative Emotionen kommen und gehen. Was bleibt, ist der klare, weite Himmel dahinter – unser wahres Wesen: freundlich, offen, mitfühlend. Wer sich nur auf sich selbst konzentriert, lebt enger, ängstlicher. Wer sich anderen zuwendet, wird weiter, ruhiger, stabiler. Glück wächst dort, wo Verbindung entsteht. Leben – das ist unser Umgang mit Zeit. Wie wir sie nutzen, worauf wir sie richten, wem wir sie schenken. All das formt, wie erfüllt wir wirklich sind.

Wer das Leben als Mangel oder potenzielle Katastrophe betrachtet, wird zum Krisenmanager der eigenen Existenz. Vergleichen macht einsam. Zweifel wachsen dort, wo wir glauben, nicht zu genügen. Wir kommen irgendwie voran – und doch fühlt es sich oft an wie ständiges Scheitern. Statt uns zu beflügeln, treiben uns unsere Ziele in den Wahnsinn. Was, wenn ich scheitere? Aber sobald Glück zum inneren Leistungsdruck wird – perfektionistisch, kritisch, getrieben vom Gedanken: „Ich sollte doch glücklich sein!“ – verlieren wir genau das, was wir suchen.

 

Glück ist kein Ziel – sondern ein Lebensstil

Klar, Geld ist wichtig. Aber echter Luxus ist Zeit. Ashley Whillans von der Harvard Business School sagt: Wer sich dauerhaft „zeitarm“ fühlt, ist so unglücklich wie jemand ohne Job. Manchmal ist eine Stunde Nichtstun wertvoller als drei Stunden Networking. Es ist ein ständiger Tausch: Zeit gegen Geld. Wenn wir genug haben, um die Miete zu zahlen, bringt mehr Geld nicht automatisch mehr Glück. Aber mehr Zeit? Oh ja. Oft führt nicht der große Umbruch zur Zufriedenheit, sondern die kleinen, wiederkehrenden Entscheidungen. Die, in denen wir sagen: „Ich mach das nicht später. Ich mach es jetzt. Denn mein Leben findet jetzt statt.

Und dann ist da noch das Lachen. Diese kraftvolle, oft unterschätzte Medizin. Wer lacht, reduziert Stress, stärkt das Immunsystem, hebt die Stimmung, stärkt Beziehungen. Lachen überwindet Sprachbarrieren, verbindet Menschen auf einer tieferen Ebene – und erinnert uns daran, was wirklich zählt: Gemeinschaft. Dankbarkeit. Staunen. Gutes tun. Loslassen. Weniger Ego. Mehr Verbindung. Statt ständig zu fragen, was uns fehlt – fragen wir, was wir schon haben. Und wem wir das zeigen wollen. Glück ist kein Ziel, sondern ein Lebensstil. Weniger Hetzen. Mehr Raum. Mit Leichtigkeit leben, mit Lachen und mehr Menschlichkeit – für uns und andere.

 

Nachspüren

Wann habe ich zuletzt aus vollem Herzen gelacht – und wie hat sich das im Körper angefühlt? Woran merke ich, dass ich wirklich verbunden bin – mit mir selbst, mit anderen, mit dem Leben?

Buchhinweis: Voice for the Voiceless – eine Sammlung von Reden, Schriften und Reflexionen des 14. Dalai Lama. 2025

Podcast-Meditation Einlassen – der Schlüssel zum Glück

Gerald Blomeyer, Berlin am 7. Juli 2025

 

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