„Wer sich ärgert, ist wie jemand, der mit beiden Händen glühende Kohlen oder Dung greift, um sie auf einen anderen zu werfen – doch verbrennt sich dabei selbst oder beginnt zu stinken.“
– Buddhaghosa, indischer, buddhistischer Gelehrter des 4. Jahrhunderts
(Der Name „Buddhaghosa“ bedeutet in der Pali-Sprache: „Stimme des Buddha“.)
„Paare, die zusammen lachen, bleiben zusammen“ – modernes Sprichwort, das eine gut belegte Idee aufgreift.
Sich verletzt fühlen kann durch Worte, Blicke oder Stille geschehen.
Ich stand in der Küche, müde, gereizt, mein Kaffee war kalt, obwohl ich ihn gerade erst gemacht hatte. Meine Freundin stellte mir eine harmlose Frage – und ich explodierte. Nicht laut, nicht sichtbar. Aber innen drin war Feuer. Ich ärgerte mich über sie und war sicher, dass sie schuld war an meiner Wut. Doch dann hielt ich inne. Die Wut fühlte sich an, als käme sie von außen – wie ein Angriff, ein Übersehenwerden.
Aber so war es nicht. Die Wut war schon da, hatte nur gewartet – auf den falschen Moment, auf das Gefühl, wieder nicht gesehen, gehört, respektiert zu werden.
Wenn wir in solchen Momenten einen Schritt zurücktreten, tief durchatmen und uns bewusst machen, dass das nichts mit unserem Wert als Mensch zu tun hat, entscheiden wir uns, uns selbst nicht weiter zu verletzen. Das ist keine Verdrängung, sondern emotionale Selbstfürsorge. Und ja, es ist ein Lernprozess. Manchmal ärgern wir uns, manchmal weinen wir. Wenn wir uns daran erinnern, dass wir nicht auf alles reagieren müssen, gehört die Bühne nicht mehr den anderen, sondern uns.
Wir brauchen kein dickes Fell, sondern Grenzen.
Ärger und Enttäuschung sind Gefühle. Wenn wir achtsam tief durchatmen, können wir spüren: Ich ärgere mich – aber ich muss nicht in dieser Wut verharren. Diese Erkenntnis ist machtvoll. Sie bedeutet, unsere Erwartungen loszulassen – an andere, an uns selbst. Wir werden nicht immer gelassen sein, nicht immer richtig oder reif reagieren. Und das ist okay. Es geht nicht darum, perfekt zu sein, sondern präsent und offen zu bleiben. Wenn wir uns erlauben, nicht ständig auf alles reagieren zu müssen, entsteht Raum. Raum für Klarheit. Für Grenzen.
Eine Grenze ist kein Angriff – sie ist ein Akt der Selbstachtung. Ein ruhiges „Bis hierhin.“ Ein stilles „Nein.“ Und manchmal beginnt sie mit einem kalten Kaffee und der Entscheidung, sich selbst wichtiger zu nehmen als den Impuls, laut zu werden.
Klarheit: Wir verteidigen unsere innere Ruhe – nicht unseren Stolz.
Nicht jede Spitze, nicht jedes verletzende Wort muss in uns eindringen. Wir dürfen lernen, die Dinge nicht persönlich zu nehmen. Aber wir haben die Freiheit, uns nicht jedes Mal selbst zu verlieren. Verletzungen werden geschehen – durch Worte, durch Blicke, durch Schweigen. Wer die Ruhe bewahrt, einen Schritt zurücktritt und sich entscheidet, sich selbst nicht weiter zu verletzen, zeigt wahre Stärke – nicht Reaktion, sondern Wahl. Arthur C. Brooks von der Harvard Business School meint, die einfachste Wahl sei es, über eine Beleidigung zu lachen: „Das ist eine sehr gute Option, weil sie uns zum Richter darüber macht, wie schwer das Vergehen wiegt – anstatt dieses Urteil einem externen Schiedsrichter zu überlassen.“
Es steht uns frei, nicht alles persönlich zu nehmen, uns nicht gekränkt zu fühlen, uns nicht verteidigen zu müssen. Was wir brauchen, ist Klarheit: Was ist wichtig? Was ist wahr? Was verdient meine Energie? Was uns früher tief getroffen hat, darf heute einfach an uns abperlen – nicht, weil es uns gleichgültig geworden ist, sondern weil wir gelernt haben, worauf es wirklich ankommt: auf unseren Frieden, unseren Mut und unsere Integrität. Wir können Mitgefühl für andere empfinden – und trotzdem mit Würde weitergehen. Und niemand kann uns das nehmen. Nicht einmal ein dummer Kommentar zu Hause oder im Meeting.
Nachspüren
Welche körperlichen Empfindungen oder Gedanken tauchen auf, wenn ich mich ärgere oder enttäuscht fühle? Wie kann ich meinem Ärger Raum geben, ohne in ihm stecken zu bleiben. Welche Grenze möchte ich für mich selbst setzen?
Podcast-Meditation Mitgefühl durch Lächeln
Gerald Blomeyer, Berlin am 22. Juni 2024
Foto (c) leopanta, flickr