Gerald und Terry, Pokhara, Nepal 2014

 

Um glücklich zu sein, glaube ich, müssen wir unseren Blick auf etwas richten, das größer ist als begrenzter Erfolg. Ich denke, wir brauchen eine Dankbarkeitspraxis – unabhängig davon, wie wenig oder wie viel wir haben. Für das, was da ist, dankbar zu sein, hat eine tiefgreifende Wirkung.“ – Simon Sinek

Meditation ist die formale Kultivierung von Achtsamkeit durch verschiedene Praktiken. Eine davon ist, auf einem Kissen zu sitzen. … Aber Meditation geht auch im Stehen, Liegen oder Gehen – was immer für einen gut funktioniert. Man könnte auch bewusst malen oder Bach hören. Wenn man wirklich, wirklich zuhört, ist das Meditation. Denn es lädt dazu ein, präsent zu sein, aber außerhalb des Denkens. … Es sind alles Türen in denselben Raum: den Raum des Gewahrseins oder der Achtsamkeit.“ – Jon Kabat-Zinn

 

Wer sind wir?

Du glaubst, du bist deine Gedanken. Oder deine Gefühle. Doch es ist nur das, was du erlebst. Denn da ist etwas Tieferes, ein stilles, konstantes Etwas – das bist du. Immer derselbe, jemand, der all das beobachtet. Immer da. Immer vollständig. Doch wie kommen wir wieder mit unserer essenziellen Ganzheit in Kontakt?

 

Wenn die Mühe mit der Hingabe tanzt

Sich zu bemühen und sich einzulassen – das erscheint uns oft als Widerspruch. Doch es ist wie bei Liebenden im Tango: untrennbar, rhythmisch verbunden mit dem Puls des Moments. Keiner dominiert den anderen; sie lehnen sich aneinander, folgen der Musik des Lebens, so wie sie gerade spielt.

Manchmal handeln wir mit entschlossener Absicht – im tiefen Wissen, dass wir den Ausgang niemals ganz in der Hand haben. Und dann, ganz natürlich, folgt das Loslassen. Wir geben uns hin. Nicht aus Erschöpfung, sondern aus Vertrauen. Hingabe wird zum Tanzschritt – ebenso lebendig und wesentlich wie die Anstrengung, die sich nach vorn streckt. Hingabe, die sich zurücklehnt. Das ist der Pulsschlag eines Lebens im Einklang. Nicht erzwungen. Nicht perfekt geplant. Sondern gefühlt – in jedem Moment: ein wildes, geheimnisvolles Duett, in dem wir zugleich Tänzer und Tanz sind.

Flow: Wo Extremsport und Meditation sich begegnen

2014, irgendwo in den staubigen Höhen Nepals. Terry Swartzberg und ich, zwei Bikes, ein Ziel: Muktinath, Nepal, 3700 Meter hoch. Schotterstraßen, Geröll, dünne Luft – jeder Tritt ein kleiner Krieg gegen den eigenen Körper. Die Beine brannten, der Schädel hämmerte, und selbst das Aufgeben fühlte sich anstrengend an. Aber wir wussten: Wir machen das nicht für den Aufstieg. Wir machen’s für den Moment danach. Denn Flow kommt nicht einfach so. Erst kommt die Mühe. Das zähe, innere Ringen. Das Drama im Kopf. Und dann – ganz plötzlich – bist du oben. Durchgeschwitzt, durchgefroren, durch alles durch. Und da ist er: der Flow, dieses irre Gefühl, dass alles – wirklich alles – Sinn ergibt.
Die Abfahrt war wie Fliegen. Schotter glitt unter uns hinweg, das Adrenalin knallte durch die Adern. Keine Angst, kein Zweifel, nur Freiheit. Wir pendelten irgendwo zwischen Wahnsinn und Klarheit – und genau da, mittendrin, lag Hingabe.

Denn ob du meditiert hast oder einen Berg hochgestrampelt bist: Der Weg ist ähnlich. Bevor Flow einsetzt, kommt das Chaos. Die Mühe. Die Disziplin wird zu deinem Superheldencape – dieser sture, leise Wille, der bleibt, wenn die Motivation längst verschwunden ist. Es ist der Weg vom inneren Drama zur echten Stärke. Vom bloßen Aushalten zur Klarheit, weil wir wissen: Der Fortschritt kommt nicht, wenn alles glattläuft. Er kommt, wenn wir uns selbst begegnen. Wenn wir das Chaos nicht meiden, sondern ihm in die Augen schauen. Weisheit trifft Mut, Mitgefühl Durchhaltevermögen – und Flow ist das, was nach der Mühe bleibt.

 

Meditation: Nicht Leistung, sondern Stille

In der Meditation geht es nicht um Leistung. Wir sitzen – und plötzlich: Gedanken. Erinnerungen. Was-noch-zu-tun-ist-Listen. Fantasien. Ehe wir’s merken, sind wir weg. Aber wir nehmen es wahr, danken dem Gedanken fürs Vorbeischauen – und lassen ihn ziehen. Kein Drama. Kein Urteil. Und dann, ganz allmählich: Stille. Nicht leer. Sondern lebendig. Wach.

In dieser Stille hören wir, was sonst untergeht – zwischen Lärm und Leistung: unsere Gedanken, unsere Reaktionen, unser echtes Innenleben. Und genau da beginnt Veränderung. Stillsein ist Hinwenden, Sein statt Tun. Das macht uns weich, öffnet uns.
Loslassen ist ein bewusstes Freigeben. Seinlassen, wie es ist – ohne zu kämpfen. Mühe und Hingabe gehören zusammen – wie Ein- und Ausatmen. Und dann, irgendwann, trägt uns der Moment. Ohne Druck. Ohne Plan. Da zeigt sich, was zählt: dass wir da sind. Und dass wir weitermachen.

 

Nachspüren

Wo in deinem Leben erlebst du gerade den Tanz zwischen Mühe und Hingabe – und wie fühlt sich dieser Rhythmus an?
Was verändert sich in dir, wenn du nicht versuchst, etwas zu kontrollieren, sondern es einfach da sein lässt – genau so, wie es ist?

 

Gerald Blomeyer, Berlin am 4. Juni 2025

 

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