„Im Garten genügt es zu sein, und das erfordert Stille.“ – Gilles Clément, französischer Gärtner und Landschaftsphilosoph, im Essay „Gärten, Landschaft und das Genie der Natur“.
„Alles ändert sich.“ – Suzuki Shunryū (1905-1971), japanischer Zen-Meister, der Zen in den USA populär machte.
Alles ist im Wandel – der Mensch mittendrin
Nach buddhistischem Verständnis ist nichts in der Welt statisch. Alles ist im Fluss – Natur, Formen, Zustände. Der Mensch ist Teil dieses Prozesses und wirkt auf ihn ein: durch Denken, Fühlen, Handeln. Innere Haltungen wie Gier, Hass und Unwissenheit bleiben nicht verborgen – sie treten nach außen und verursachen Leid, materiell wie moralisch.
Doch Wandel bedeutet auch: Heilung ist möglich. Mit Achtsamkeit, Mitgefühl und weniger Selbstbezogenheit kann sich nicht nur der Mensch verändern, sondern auch die Welt.
Im Buddhismus ist Reichtum kein Ziel, sondern eine Verantwortung. Wer teilt, lebt im Einklang mit der Natur. Im Zentrum steht Metta – liebende Güte, Mitgefühl gegenüber allem Lebendigen. Die Natur wird nicht verklärt, sondern in stiller Freude betrachtet. Eine Blume ist keine Metapher, sondern einfach schön. Der Mensch kann mit der Natur leben wie die Biene mit der Blüte: sie nutzt, ohne zu schaden. Aus Mitgefühl entsteht ein erfülltes Leben – im Einklang mit dem großen Wandel.
Der Garten als Spiegel der Welt
Ein Garten ist mehr als ein Ort – er ist eine Haltung. Wer ihn achtsam pflegt, erkennt: Alles ist Teil eines größeren Ganzen. Verantwortung beginnt nicht am Gartenzaun, sie beginnt dort. Der französische Landschaftarchitekt Gilles Clément spricht vom „planetarischen Gärtnern“: beobachten statt beherrschen, fördern statt formen. Jeder Quadratmeter Erde birgt ein Universum an Leben. Gärtnern wird so zu einer Ethik – einer radikal zärtlichen Form von Weltverantwortung.
Die Erde ist kein Mosaik, sondern ein atmendes Gewebe – und wir sind Fäden darin. Wer das begreift, erkennt sich selbst neu. Der Garten lehrt Demut, Geduld und Vertrauen in die Kraft der Erneuerung. Nichts ist je fertig – alles lebt, wächst, wandelt sich. Auch wir.
Wandern
Diese Haltung lässt sich nicht nur im Garten leben – sie beginnt oft mit einem einfachen Schritt hinaus in die Natur. Eine Freundin von mir geht dafür in die Berge – stundenlang, allein. Als folgte sie dem Ruf einer inneren Stimme, die nur dort zu hören ist, fern von Lärm, Erwartungen und Termindruck. Der Wald urteilt nicht. Der Himmel fragt nicht, was sie geleistet hat. Die Berge verlangen nichts – und genau darin liegt ihre Freiheit.
Sie geht, um einfach zu sein: im Rhythmus des Körpers, im Klang der Natur, mit Raum für stille Gedanken. Wandern löst das Denken, die Rollen, das ständige Müssen auf. Die Schritte werden gleichmäßiger, der Atem ruhiger – und mit ihm weicht die Unruhe.
So findet sie zurück zu sich selbst. Nicht produktiv. Nicht perfekt. Nur lebendig. Und das ist genug.
Aus dem Wandern wird eine Pilgerreise, wenn die Schritte nicht nur dem Weg, sondern einer inneren Sehnsucht folgen.
Nachspüren
Höre zu. Nimm alle Geräusche in der Umgebung achtsam wahr. Du kannst dich auch auf einen bestimmten Klang konzentrieren, wie den des fließenden Wassers. Bringe Aufmerksamkeit wieder auf diesen Klang, wenn dein Geist wandert.
Podcast-Meditation Einlassen auf die Kraft der Erde
Gerald Blomeyer, Berlin am 20. Mai 2025
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