Wandgemälde, Holzmarkt 25, Berlin
„Profitiere von der Ungewissheit. Sie ist dein Freund, nicht dein Feind. Wenn du Hilfe brauchst, dann bitte um Hilfe. Ich bitte ständig um Hilfe. Verletzlichkeit ist nicht das Fehlen von Stärke. Ungewissheit ist nicht das Fehlen von Selbstvertrauen. Lebe in dieser Welt, in der du stark und selbstbewusst sein kannst – und dennoch verletzlich und unsicher.“
– Jensen Huang, Nvidia-CEO, taiwanisch-amerikanischer Unternehmer und Milliardär
„Das ist das Verrückte am Leben: Du kannst tun, was du tust – aber am Ende bleiben manche Dinge hartnäckig außerhalb deiner Kontrolle.“
– Maria Konnikova, russisch-amerikanische Schriftstellerin, Psychologin und professionelle Pokerspielerin
Wenn das Alte leise geht
Der Tee dampft, alles wirkt ruhig, aber in mir regt sich etwas – kaum greifbar, doch spürbar. Eine Unruhe. Kein Lärm, kein Knall, nur dieses leise Ziehen. Früher war da Leidenschaft, ein inneres Feuer. Jetzt herrscht Leere. Draußen bewegt sich das Leben in Wellen, Wege verzweigen sich, Begegnungen kommen und gehen. Und ich stehe dazwischen. Soll entscheiden. Ohne Anleitung. Ohne Gewissheit. Es ist dieser feine Grat zwischen Angst und Aufbruch, der mich fordert. Und dann erinnere ich mich: an staubige Straßen in Indien, an Tempel in Nepal, an Nächte, in denen ich nicht wusste, wo ich landen würde. Ich habe gelernt, nicht alles wissen zu müssen, nicht alles kontrollieren zu können. Und genau darin lag die Kraft – völlig ohne Plan unterwegs zu sein. Und dennoch getragen. Nicht das Wissen hat mich gestärkt, sondern das Aushalten des Nichtwissens. Jedes Mal, wenn ich losgelassen habe, wurde ich größer. Nicht spektakulär. Aber wahrhaftig. Und jedes Mal wurde aus Unsicherheit: Mut.
Die Gesichter der Unsicherheit
Unsicherheit zeigt sich auf unterschiedliche Weise. Da ist die leise Stimme des Selbstzweifels – ein innerer Kritiker, der uns zuflüstert, wir seien nicht genug. Sie schleicht sich ein, wenn wir in den Spiegel blicken und uns fragen, wer wir wirklich sind. Dann ist da die Unentschlossenheit: das permanente Abwägen, das Grübeln zwischen Wegen, von denen keiner sich richtig anfühlt. Als würde man zwischen zwei Paar Schuhen wählen, die beide drücken. Und schließlich die große Ungewissheit – das Gefühl, auf einem Boot ohne Ruder zu treiben, nicht wissend, ob wir auf Kurs sind oder auf einen Eisberg zusteuern. All diese Formen der Unsicherheit wirken wie Figuren in einem inneren Theaterstück, jede mit ihrer eigenen Geschichte, ihren Ängsten und Sehnsüchten. Sie fordern uns heraus, sie konfrontieren uns – und doch gehören sie zu uns. Vielleicht sind sie weniger Feinde als Begleiter. Hinweise darauf, dass wir lebendig sind, dass wir suchen.
Vertrauen als Antwort
Wir fürchten Unsicherheit nicht, weil sie uns überfordert – sondern weil wir glauben, ihr nicht gewachsen zu sein. Und so flüchten wir in den Kopf. Grübeln, analysieren, kontrollieren. Doch die Antwort liegt tiefer: im Spüren, im Körper. Unsere Kraft ist nicht verschwunden – nur übertönt. Wahre Stabilität zeigt sich nicht im Festhalten, sondern im Mitgehen. Wenn wir aufhören, gegen das Leben anzukämpfen, beginnt es, mit uns zu fließen. Vertrauen ist kein Zustand der Klarheit, sondern der Präsenz: Ich weiß nicht, wohin das führt – aber ich gehe trotzdem weiter. Und manchmal reicht genau das, um wieder ein wenig klarer zu sehen. Große Schicksalsschläge sind oft greifbar, doch das leise Ungewisse fordert uns tiefer – weil es bleibt. Wenn wir aufhören, alles verstehen zu wollen, entsteht Raum: für Mitgefühl, für Verbindung, für Kreativität. Unsicherheit ist kein Mangel, sondern eine Einladung. Wenn wir das Leben nicht festhalten, sondern mitschwingen, entsteht Freiheit. Und in dieser Freiheit begegnen wir uns – offen, mit Mitgefühl. Vertrauen wächst, wenn wir fühlen: Ich bin nicht allein.
Nachspüren
Vielleicht ist nicht die Antwort das Ziel, sondern der Mut, mit der offenen Frage zu leben. Hast du schon mal erlebt, dass Unsicherheit nicht das Ende der Klarheit war – sondern ihr Anfang?
Podcast-Meditation Vertrauen
Gerald Blomeyer, Berlin am 8. Mai 2025