Der verborgene Geist
„Es ist nicht möglich, einen bestimmten Ort für den Geist zu bestimmen. Wenn wir an unseren Kopf denken, scheint der Geist dort zu sein; wenn wir an unsere Füße denken, scheint er dort zu sein. Allerdings kann man keine physische Substanz finden, die untersucht und als „Geist“ bezeichnet werden kann. Er ist nichts, das in eine Flasche gefüllt oder mit einer Pinzette gehalten werden kann.“ – Ringu Tulku, buddhistischer Mönch, Gründer der Bodhicharya-Zentren weltweit
Der Geist – die unsichtbare Dimension der Wahrnehmung
Unser Bewusstsein ist wie ein sanfter Wind, der durch unser Leben streicht – unsichtbar, ungreifbar und doch immer da. Es ist der Ort, an dem alles geschieht. Freude blüht hier auf, Schmerz hinterlässt seine Spuren. Der Geist ist unser stiller Begleiter, ob wir uns frei fühlen oder von Sorgen erdrückt werden. Aber wie können wir etwas begreifen, das sich nicht fassen lässt? Vielleicht liegt die Antwort darin, in das Erleben selbst einzutauchen.
Unsere Sinne und unser Verstand formen ein klares Bild der Welt – es ist aber begrenzt. Logik ist der Rahmen, in dem wir uns bewegen. Doch was, wenn jenseits dieser Grenzen eine tiefere Realität existiert? Eine, die unser Geist spüren kann, aber unser Verstand nicht begreift? Was, wenn etwas Unbekanntes in den Schatten darauf wartet, entdeckt zu werden – etwas, das unsere Wahrnehmung für immer verändern könnte?
Die Rückkehr der Halluzinogene in der Therapie
In den 60ern öffneten Halluzinogene Türen zu neuen Bewusstseinsebenen. Sie versprachen Freiheit, Selbstentdeckung, eine Reise jenseits der gewohnten Realität. Doch ebenso schnell verschwanden sie wieder – zu wild, zu unkontrollierbar, zu furchteinflößend für eine Welt, die Sicherheit suchte. Heute kehren sie zurück. Nicht mehr als Rebellion, sondern als Heilung. Als Schlüssel zu Räumen, die lange verschlossen waren. Eine psychedelische Erfahrung kann alles, was wir zu wissen glaubten, in ein Kaleidoskop aus Staunen und Chaos verwandeln. Sie kann uns unser Ego entreißen, uns in tiefe Verbundenheit führen – oder uns mit unseren tiefsten Ängsten konfrontieren. Es ist keine Flucht, sondern eine Reise ins Unbekannte.
Meditation: Der stille Schlüssel zur Erkenntnis
Psychedelische Erfahrungen gewähren uns einen flüchtigen Blick in eine andere Dimension – eine Welt des Staunens, voller Farben und intensiver Gefühle. Sie öffnen ein Tor zur Heilung und zu neuen Einsichten. Es gibt Meditierende, die unter Depressionen litten und durch den Einsatz von psychedelischen Pilzen eine langfristige Heilung erfuhren. Viele amerikanische Buddhisten fanden ihren Zugang zur Meditation durch den Einsatz von Psychedelika. Roshi Joan Halifax, eine bekannte Lehrerin, betont, dass Mitgefühl unerlässlich ist: „Aber ohne Mitgefühl reicht es nicht aus.“ Sie unterstreicht, dass das wahre Wachstum nicht nur in der Erfahrung selbst liegt, sondern in der Weisheit, die aus Mitgefühl hervorgeht. Diese Perspektive zeigt, wie psychedelische Erfahrungen als Katalysator für den Einstieg in eine tiefere Praxis der Achtsamkeit und des Mitgefühls dienen können – ein weiteres Beispiel dafür, wie wir durch unterschiedliche Wege zur selben Wahrheit gelangen.
Nachspüren
Wie oft erlaubst du dir, Mitgefühl wirklich zu fühlen – für dich selbst, für andere? Und wenn du es in dein Leben einlädst, wenn du ihm Raum gibst: Könnte es dich verwandeln?
Gerald Blomeyer, Berlin im März 2025
Foto von Timothy Dykes auf Unsplash