Museumsinsel Berlin 1937, Binda (1914-2010) und Hans Blomeyer (1912-2000) auf Hochzeitsreise
Collage Tom Pingel
 
 
Stoiker sehen Hindernisse als Gelegenheiten zum Wachstum und zur Demonstration von Tugend. Die richtige Einstellung zu Rückschlägen ist entscheidend, um unsere Ziele beharrlich zu verfolgen.“ – Stoiker.net
 
Licht und Dunkelheit existieren immer gemeinsam, wechseln sich ab, umkreisen einander. Wer lange genug lebt, wer Jahrzehnte voller Auf und Ab erlebt hat, weiß das. Es ist nicht leicht, wenn man mittendrin steckt, aber es hilft zu wissen: Nichts bleibt für immer.“ – Elizabeth Gilbert (gekürzt)
 

„Ihr seid alle Teil einer verlorenen Generation.“ – Dieser Satz der amerikanischen Autorin Gertrude Stein (1874-1946) an Ernest Hemingway (1899-1961) gilt als erste Erwähnung der Generationslücke („Generation Gap“), die die Überzeugungen und Verhaltensweisen verschiedener Generationen voneinander trennt.

 
 

Wachstum beginnt, wenn der Komfort schwindet.

Mein Vater war ein deutscher Jurastudent, meine Mutter eine englische Physiotherapeutin. Sie lernten sich in Jena kennen, verliebten sich und schrieben sich monatelang Briefe, bis sie 1937 in London heirateten. Ihre Hochzeitsreise? Ein echtes Abenteuer: erst die Weltausstellung in Paris, dann Berlin und schließlich zurück nach Jena. Vor dem Krieg tanzten sie, machten Sport, lebten leichtfüßig. Mein Vater war sogar Turniertänzer. Selbst mit 80 noch – wenn er beim Abtrocknen stand – steppten seine Füße.

Nach dem Krieg zogen sie mit meiner Schwester nach London, um bei der Familie meiner Mutter zu sein – auch wenn das bedeutete, dass mein Vater vorerst ohne Arbeit dastand. Dann kam ich zur Welt. Bei den Quäkern fand er eine neue Gemeinschaft, vielleicht sogar ein Stück Heimat, bevor er in den diplomatischen Dienst eintrat. Jahre später, als ich vierzig war, sah er mich an und sagte: „Ich könnte nicht so leben wie du, ohne zu wissen, ob morgen Geld da ist.“ Ich zuckte die Schultern, lächelte und sagte: „Und ich könnte nicht so leben wie du – täglich von neun bis fünf.“ Ein sicheres Einkommen war ihm wichtig. Er hatte sich oft genug unwohl gefühlt. Der Übergang vom Komfort zum Wachstum mit all seinen Höhen und Tiefen war mir wichtiger.
 

Die Evolution

Es ist ein alter Kampf, der sich durch die Generationen zieht – Jung gegen Alt, Wandel gegen Tradition. Psychology Today bringt es auf den Punkt: Während die Jugend als aufgeschlossen und experimentierfreudig gilt, wird das Alter oft mit Vorsicht und Konservatismus assoziiert. Junge Menschen sind neugierig, kreativ, immer auf der Suche nach neuen Ideen. Sie stellen Autoritäten infrage, lehnen sich gegen Ungerechtigkeit auf und lassen sich nicht so leicht mit „Das war schon immer so“ abspeisen. Sie sind die treibende Kraft hinter Innovation und Veränderung.
Doch mit den Jahren verändert sich das. Neugier weicht Erfahrung, Aufgeschlossenheit weicht Struktur. Die Fähigkeit, neue Informationen zu verarbeiten, nimmt ab, und so verlassen sich ältere Menschen zunehmend auf das, was sie bereits wissen – selbst, wenn es nicht mehr ganz in die Welt von heute passt. Widersprüchliche Meinungen? Unangenehme Wahrheiten? Die werden oft ausgeblendet. Sicherheit entsteht nicht mehr durch das Neue, sondern durch das Altbewährte. Doch manche Menschen reifen mit den Jahren wie ein guter Wein – voller Weisheit, Tiefe und Reflexion. Andere hingegen? Nun ja, die werden unzufrieden.
 

Freiheit und Liebe im Hier und Jetzt

Wahre Freiheit gibt es nur im Moment – da, wo du gerade bist. Es geht nicht darum, die Zukunft zu kontrollieren oder sich an Sicherheiten zu klammern. Freiheit ist, loszulassen, tief durchzuatmen und das Leben zu fühlen, genau jetzt. Und genau so funktioniert Liebe. Sie entsteht nicht aus Angst oder Besitzansprüchen, sondern aus völliger Hingabe an den Augenblick. Wenn du ganz da bist, ohne Erwartungen, ohne Sorgen, entsteht eine Verbindung, die echt ist. Eine Liebe, die nicht festhält, sondern fließen lässt. Und genau dort, in dieser Freiheit, liegt das wahre Glück.

Manchmal sind es nicht die großen Meilensteine, die das Leben besonders machen, sondern die kleinen, flüchtigen Momente. Ein Lachen, das du mit jemandem teilst, der Duft von frischem Kaffee, ein Spaziergang im Regen. Das ist Glück – nicht als Feuerwerk, sondern als sanftes Leuchten im Alltag. Und ja, auch die schweren Gefühle gehören dazu. Traurigkeit, Zweifel, Wut – sie sind keine Feinde, sondern Wegweiser. Sie bringen dich dazu, innezuhalten, nachzudenken, zu wachsen. Denn Gefühle verbinden dich mit der Welt um dich herum. Wenn du das erkennst, lebst du wirklich – genau hier, genau jetzt.

 

Nachspüren

Wann hast du das letzte Mal einen Moment wirklich gespürt – ohne Ablenkung, ohne Gedanken an davor oder danach? Welche Gefühle hältst du zurück, anstatt sie einfach da sein zu lassen?
 
 
 
Gerald Blomeyer, Berlin am 20. Februar 2025
 
 
 
My Generation wurde vom Gitarristen der Who, Pete Townshend, 1965 im Alter von 20 Jahren geschrieben. Das Lied ist ein Ausdruck über die Suche der Jugend nach ihrem Platz in der Gesellschaft. wiki
 
 
 

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