Garchen Rinpoche mit Mondscheibe im Herzen, auf dem die tibetische Silbe HUNG steht.
Wir visualisieren eine kleinere Mondscheibe mit eine Flamme in der Mitte.

 

Das tibetisch-buddhistische Symbol einer Flamme (oder Vajra = Weisheit), die auf einer flachen Mondscheibe (Mitgefühl) steht, vereint die beiden zentralen Qualitäten des buddhistischen Weges: Weisheit und Mitgefühl. Diese Symbolik zeigt, dass Weisheit und Mitgefühl untrennbar miteinander verbunden sind. Weisheit, die im Mitgefühl verwurzelt ist, bringt tiefere Einsicht und hilft, das Leiden der Welt zu lindern. Dieses Symbol betont die Balance zwischen Methode (Mitgefühl) und Weisheit, die zusammen zu einem erfolgreichen spirituellen Fortschritt führen. Der Dalai Lama lehrt diese Kombination aus Mitgefühl und Weisheit und sagt, dass jeder sie als Segnungen empfinden kann.

Wir visualisieren im Herzen eine Mondscheibe und spüren tiefes Mitgefühl. Mitten auf der Mondscheibe steht eine Flamme. Sie symbolisiert Klarheit und unterstützt dabei, den Geist zu fokussieren, Ablenkungen zu überwinden und geistige Unruhe aufzulösen. Wir stellen uns die Flamme auf der Mondscheibe vor. Die Mantra-Klänge erscheinen dort als kontinuierlicher und ununterbrochener Klang. Statt das Mantra selbst zu rezitieren, hören wir es als Klänge, die wie von einer äußeren Quelle oder von alleine entstehen. Diese Praxis wird „Konzentration ohne Wiederholung“ genannt.

Unser Geist ruht in der Flamme und in den Klängen des Mantras, bis er mit ihnen verschmilzt. In tiefer Konzentration verschwimmen die Grenzen zwischen Subjekt (dem Meditierenden) und Objekt (dem Mantra). Der Geist wird gleichzeitig Zuhörer und Klang, wodurch die Trennung zwischen Selbst und Anderem aufgehoben wird. Dies führt zu einem Zustand tiefer Einheit und Leerheit – zentrale Konzepte der fortgeschrittenen Meditation. Das erfordert eine hohe Konzentration.

Mit fortschreitender Übung visualisieren wir die Flamme als den Sitz einer kleinen Gottheit, die auf einer Mondscheibe aus reinem Licht sitzt. Diese Vorstellung vertieft die Konzentration und stärkt das Gefühl der Einheit von Mantra und Gottheit. Während wir uns auf die Klänge des Mantras konzentrieren, visualisieren wir die Mantra-Buchstaben am Rand der Mondscheibe am Herzen. Der Klang des Mantras ruft Glückseligkeit hervor.

Angeregt von Das „Verweilen im Feuer“ nach Jeffrey Hopkins in “Tantric Techniques” (2008)

 

Visualisationspraxis: Einswerden mit dem Mantra

 

  1. Vorbereitung: Setze dich an einen ruhigen, angenehmen Ort. Achte darauf, dass deine Wirbelsäule gerade ist und dein Körper entspannt, aber aufmerksam bleibt. Schließe die Augen und nimm ein paar tiefe Atemzüge, um deinen Geist zur Ruhe kommen zu lassen.

  2. Fokus auf das Herzzentrum: Lenke deine Aufmerksamkeit auf dein Herzzentrum. Stelle dir vor, wie ein weiches, kühles Licht aus diesem Bereich strahlt und eine leuchtende Scheibe – eine Mondscheibe – bildet, flach und rund, strahlend in ruhigem, weißem Licht. Spüre Mitgefühl.

  3. Die Flamme: Visualisiere eine kleine Flamme, die auf der Mondscheibe in deinem Herzen ruht. Sie ist ruhig, flackert nicht und wird nicht schwächer. Sie symbolisiert Klarheit, Weisheit und Bewusstheit und strahlt ein warmes, goldenes Licht aus.

  4. Klänge des Mantras: Stelle dir vor, dass feine Mantraklänge natürlich aus der Flamme entstehen. Diese Klänge erscheinen mühelos, als ob sie ein Teil des Universums selbst wären, harmonisch schwingend mit allem, was existiert.

  5. Eintauchen in den Klang: Höre tief zu. Die Schwingungen des Mantras fließen ununterbrochen und erfüllen deinen Körper und Geist. Lass jeglichen Versuch los, den Klang zu kontrollieren. Lass ihn einfach über dich hinwegfließen und dabei Gedanken und Ablenkungen auflösen.

  6. Verschmelzen mit der Flamme: Während du dich auf die Flamme konzentrierst, spüre, wie dein Bewusstsein mit ihr verschmilzt. Dein Geist wird ruhig und klar, wie die unerschütterliche Flamme. Die Grenzen zwischen dir und der Visualisation beginnen zu verschwimmen.

  7. Einheit: Lass nun den Klang des Mantras, die Flamme und dein Bewusstsein eins werden. Es gibt keine Unterscheidung mehr zwischen dem Zuhörer (dir), dem Klang (Mantra) und dem Bild (Flamme oder Vajra). Alles verschmilzt zur Einheitund einem Zustand tiefen Friedens.

  8. Erweiterte Visualisation: Wenn es dir angenehm ist, stelle dir eine kleine, strahlende Gottheit vor, die auf der Mondscheibe in der Flamme sitzt. Diese Gottheit repräsentiert erwachte Qualitäten – Mitgefühl, Weisheit und Glückseligkeit. Sieh die Gottheit umgeben von leuchtenden Mantrabuchstaben, die sanft um die Flamme kreisen. Während sich die Buchstaben bewegen, geben sie Licht und Klang ab und verbreiten Segnungen in deinem Körper, deinem Geist und in der Welt.

  9. Beenden der Praxis: Lass die Visualisation allmählich in das Mondlicht im Herzen übergehen. Schließlich löst sich das Mondlicht in reinen Raum auf. Sitze still in der Nachwirkung der Praxis und spüre die Klarheit und den Frieden in dir.

  10. Widmung: Widme die Verdienste deiner Meditation dem Wohlergehen aller Wesen und wünsche, dass sie von ihrem Leiden befreit werden.

 

Beispiele für Mantras

 

Garchen Rinpoche – Om Ah Hung
Es sind drei Silben OM AH HUNG. OM ist die Weisheit, der Aspekt der Klarheit, der Bewusstseinsaspekt.
AH ist Offenheit, Leere, Weite. HUNG ist die Vereinigung von Offenheit und Klarheit. Diese drei sind die Essenz aller Mantren. OM ist das Mantra des Körpers, AH ist das Mantra der Sprache, und HUNG ist das Mantra des Geistes. Wenn wir einatmen, ist es OM. Zwischen dem Ein- und Ausatmen – wenn der Atem im Körper ist – ist es AH,und wenn wir ausatmen, ist es HUNG. Der Atem fließt gemeinsam mit dem Mantra, wie ein Pferd, das mit seinem Reiter zusammenarbeitet.

Das Avalokiteshvara-Mantra: „Om Mani Padme Hum
Ich rufe jetzt den universellen Klang an – das Juwel, das Ziel der Erleuchtung, Liebe und Mitgefühl, die Weisheit der Lotusblüte und die reine, untrennbare Einheit von Weisheit und Praxis.“
Das Mantra hilft, Mitgefühl zu kultivieren und in die Welt hinauszutragen.

Das Grüne-Tara-Mantra: „Om Tare Tuttare Ture Soha“
In Taras Herz befindet sich eine Mondscheibe mit einer grünen Flamme. Um die Flamme herum sind die Silben des Mantras Om Tare Tuttare Ture Soha angeordnet. Aus dem Herzen beginnt ein lebendiges grünes Licht der Weisheit und Energie zu strahlen, ein Licht der Liebe, des Mitgefühls und der Weisheit. Dieses Mantra soll Hindernisse zu überwinden. Die Grüne Tara, bekannt als „Mutter der Befreiung“, wird angerufen, um in Zeiten der Not zu helfen und Unterstützung zu bieten.

 

Pin It on Pinterest

Share This