Augenhöhe erlaubt emotionale Verbundenheit

Verletzlichkeit ist eng mit Unsicherheit verknüpft und erfordert die Bereitschaft, ein emotionales Risiko sowie das Gefühl von Angst anzunehmen. Vergangene Woche habe ich in Stuttgart einen Workshop über Achtsamkeit und emotionale Intelligenz geleitet. Dabei haben wir auch die „Search Inside Yourself“-Meditation „Genau wie ich“ geübt, bei der die Teilnehmer paarweise sich in die Augen schauten und u.a. sich Folgendes sagten: „Diese Person hat Gefühle, Emotionen und Gedanken, genau wie ich. Diese Person hat körperliche und emotionale Schmerzen und Leid erlebt, genau wie ich. Diese Person war irgendwann traurig, enttäuscht, wütend oder verletzt, genau wie ich. Diese Person hat sich unwürdig oder unzulänglich gefühlt, genau wie ich.“ Die Teilnehmer waren tief berührt, weil sie Persönliches teilten, das wir sonst für uns behalten. Sich mit dem Gegenüber gleich zu setzen, machte sie verletzlich, authentisch, mitfühlend und ließ ein Gefühl der Zugehörigkeit entstehen. Mitgefühl für sich und andere wirkt gegen Stress und führt zu positiven Emotionen.
 

Die Herzensverbindung

In der Meditation, die uns einlädt, zwischen Kopf und Herz zu unterscheiden, entfaltet sich eine Welt voller Empfindungen und Bewusstsein. Hier geht es nicht darum, Perfektion oder Kontrolle zu erreichen, sondern den natürlichen Fluss des Seins zuzulassen. Wir lernen, den Fokus vom gedankenorientierten Denken hin zu einem offenen, herzlichen Erleben zu verschieben. In der Stille der Meditation spüren wir den Puls der Welt um uns. Geräusche – das sanfte Plätschern des Regens, das leise Murmeln von Stimmen – begleiten uns auf der inneren Reise. Wir spüren die Temperatur der Luft auf unserer Haut, die sanfte Stütze des Bodens unter uns. Der Körper wird zu einem offenen Raum, in dem Empfindungen frei fließen dürfen, während Gedanken und Gefühle kommen und gehen.

Einswerden mit dem Bewusstsein

Wenn wir aus dem Herzen heraus fühlen, erkennen wir allmählich, dass Innen und Außen eins werden. Es gibt keine Trennung mehr, nur ein offenes Sein in seiner reinsten Form. Bewusstsein wird zu einem stillen Raum, in dem alle Bewegungen entstehen und vergehen. In diesem Raum gibt es keine Erwartungen, nur die Einladung, das Leben in seiner Fülle zu erfahren. Während wir im Bewusstsein verweilen, spüren wir die Reinheit einer bedingungslosen Liebe. Gedanken und Bilder dürfen aufsteigen und verschwinden, ohne dass wir uns an sie klammern. Diese Freiheit führt uns zu einem neuen Selbstverständnis – zu einem subtilen Zeugen unserer Erfahrungen. Auch diesen Zeugen dürfen wir loslassen und tiefer ins Bewusstsein eintauchen. In der Stille bemerken wir, wie unser Geist sich manchmal in Gedanken verliert, doch das Bewusstsein bleibt stets präsent – eine sanfte Erinnerung daran, dass alles in Ordnung ist, egal wie turbulent die Gedanken auch sein mögen. Wie der erste Atemzug nach langem Luftanhalten ist es ein Akt des Loslassens, des Aufgebens des Widerstands. So schaffen wir Raum, um neue Perspektiven zu finden und die Dinge klarer zu sehen. In dem Moment, in dem wir wirklich akzeptieren, erkennen wir: Nicht alles muss perfekt sein, und nicht alles muss unter unserer Kontrolle liegen. Hier beginnt die wahre Veränderung. Sie entsteht aus einem Ort des Muts und der Selbstachtung, aus dem tiefen Wissen, dass wir auch im Schmerz würdig sind.
 

Nachspüren

Nimm dir vor, dich mit jemandem zu verbinden, mit dem du dich überworfen hast. Sei ehrlich darüber, was du in dieser Beziehung brauchst, einschließlich der Grenzen und Erwartungen. Wo hast du Angst, abgelehnt zu werden? Kannst du dir vornehmen, über Fehler, die du gemacht hast, zu sprechen? Kannst du dir erlauben, Scham, Trauer oder Angst zu fühlen?

 

Podcast-Meditation Vertrauen ins Leben

 

Gerald Blomeyer, Berlin am 11.11.2024
 
 
 

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