Unterwegs mit meinen Freunden Wolfgang Legler und Graziella 1970 in Frankfurt

 

Lieben

Sie war 18 Jahre alt und trug ein grünes Sommerkleid. Graziella war meine Traumfrau. Sie berührte den Ort in mir, an dem ich spürte: Ich bin verliebt. Auch ihr ging es so. Wir wollten an dieser Verbindung festhalten und hatten Angst, sie zu verlieren. Doch wir entwickelten uns auseinander. Das war 1967. Manchmal treffen wir uns heute noch, fünfzig Jahre später. Die tiefe Verbindung von damals glimmt noch immer.

Im Laufe der Jahre habe ich in Beziehungen und in der Meditation mein Herz weiter geöffnet. Die Begegnung mit dem Tod, als meine zweite Frau starb, führte mir vor Augen, wie sehr ich auf die Resonanz mit ihr angewiesen war. Was ich ihr anbieten konnte, war, offen und ehrlich zu sein. Natürlich gab es die Angst vor dem Unbekannten, die Angst loszulassen, aber auch das Vertrauen in die Liebe. Ich konnte nur meine Wahrheit anbieten, die alles umfasst. Egal was geschah, ich musste meinen Geist beruhigen, mein Herz öffnen und meiner Frau helfen, ihr Leiden zu lindern.

Doch wer war ich ohne sie? Diese Frage begleitete mich während meiner achtjährigen Reise zur Selbstfindung in Indien und Nepal.

 

Die Zeit der Trauer und die Kraft der Annahme

Wir benötigen Zeit, um einen Verlust wirklich anzunehmen. 

Im Jahr 2006 berührte mich in Indien die Schönheit aller Frauen tief, später auch die der Männer. Objektiv betrachtet schienen die Menschen ganz normal zu sein, doch ihre Schönheit ergriff mein Herz und erfüllte mich mit Liebe, ohne dass ich aktiv etwas dazu tun musste. Dies war der Beginn des Gefühls, eins mit der Welt zu sein und alles willkommen zu heißen.

Schwierigkeiten und Rückschläge geschehen ständig und liegen oft außerhalb unserer Kontrolle. Wenn unsere Erwartungen enttäuscht werden oder wir uns betrogen fühlen, kommen Gefühle wie Scham und Ärger auf. Um vergeben zu können, muss in uns etwas sterben, was immer auch Trauer einschließt. Erst wenn wir loslassen, sind wir in der Lage, mit der gewonnenen Einsicht zu wachsen und zu leben. 

Der Schlüssel liegt darin, das anzunehmen, was kommt, und aktiv damit zu arbeiten. Wenn wir offen sind, allem zuhören, es in uns hineinlassen und dennoch ruhig und gelassen bleiben, handeln wir nicht aus Angst oder Dringlichkeit, sondern weil es unsere Aufgabe ist, dieses Spiel zu spielen.

 

Verantwortung für unsere Gefühle – die Basis von Transformation

In Auseinandersetzungen ist es entscheidend, die Verantwortung für unsere Gefühle zu übernehmen. Anstatt unsere Probleme auf andere zu projizieren oder ihnen die Schuld zu geben, sollten wir uns bemühen, unseren Schmerz und unsere Verletzlichkeit zu verstehen. 

Gefühle wie Angst und Scham können uns dazu verleiten, Erzählungen zu konstruieren, die unser Gefühl von Würde beeinträchtigen oder uns glauben lassen, dass wir nicht liebenswert sind. Dabei übersehen wir oft, dass wir durch Unbehagen und Verletzlichkeit wachsen können. Nur wer bereit ist, sich unwohl zu fühlen, unangenehme Gefühle auszuhalten und sie anzunehmen, kann gestärkt aus diesen Erfahrungen hervorgehen.

Transformation erfordert auch die Bereitschaft, unbequeme Entscheidungen zu treffen und schwierige Gespräche zu führen. Indem wir Verantwortung für unsere Gefühle übernehmen, legen wir den Grundstein für persönliches Wachstum und tiefere zwischenmenschliche Verbindungen.

 

Nachspüren – Die Furcht vor Verlust

Die Angst, alles zu verlieren oder keine Grenzen setzen zu können, resultiert aus der Furcht, das Herz könne ohne die Führung des Verstandes agieren. Es geht um das Gleichgewicht zwischen unserer Individualität und unserer Einheit, zwischen unserem Alleinsein und unserer Verbundenheit.

Wie können wir einzigartig und dennoch Teil des Tanzes sein? Indem wir erkennen, dass Einzigartigkeit nicht Überlegenheit bedeutet, sondern eine Bereicherung für das Ganze sein kann. War der Kuss zwischen Judas und Jesus eine Wertschätzung des Tanzes zwischen Gut und Böse, Licht und Schatten? Wie prägt dualistischen Denken dein Verständnis von Menschlichkeit?

Am Montag werden wir die Meditation üben Klarheit durch Loslassen.

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