Scham ist eines jener Grundgefühle, für das wir alles tun, um es zu vermeiden.“ – Adi Jaffe

Scham ist wie eine Wunde, die nie offenbart wird und daher nie heilt.“ – Andreas Eschbach

Wenn wir unsere Geschichte mit jemandem teilen können, der mit Empathie und Verständnis reagiert, kann die Scham nicht überleben.“ – Brené Brown

 

Scham lehrt uns, uns zu verstecken – Freiheit beginnt, wenn uns offen zeigen

Wir wollen uns nicht schämen, noch schwach oder schuldig fühlen. Lieber täuschen wir etwas vor, um unsere Schwächen zu verstecken. Doch je weniger wir über unsere Scham sprechen, desto mehr Macht hat sie über uns. Sie lässt uns glauben, dass etwas an uns grundlegend falsch ist. Wer mit Scham kämpft, kann gut funktionieren im Leben. Damit sie unentdeckt bleibt, zeigen wir nach außen oft eine Fassade, weil wir anderen gefallen wollen. Scham und Geheimhaltung verstärken sich gegenseitig. Um unsere Scham zeigen zu können, brauchen wir eine sichere Umgebung und Menschen, die uns liebevoll zuhören und das Gehörte vertraulich behandeln. Wer sich schämt, will sich verstecken und sieht das größere Bild nicht. Dies kann bedeuten, dass wir ständig arbeiten, uns an jemanden in einer ungesunden Beziehung binden oder uns von unserer Gemeinschaft zurückziehen. Wenn wir Schwierigkeiten mit dem Selbstwert haben, können wir uns arrogant verhalten oder uns minderwertig fühlen. Dann schlagen Ratgeber vor, wie wir unsere Schamgefühle überwinden und stattdessen unseren Selbstwert entwickeln können.


Zwei Arten von Scham

Buddha lehrte seinem Sohn Rahula, dass er ein Gefühl der Scham für sein Handeln entwickeln sollte: Wenn er keine Scham verspürte, wenn er absichtlich lüge, dann sei er so leer von Güte wie ein umgestoßener, leerer Wasserkrug. Wenn er hingegen erkenne, dass er sich selbst oder anderen schade, sollte er sich schämen und sich vornehmen, das nicht zu wiederholen. Der amerikanische, buddhistische Mönch Ṭhānissaro Bhikkhu: „Scham ist ein leuchtender Wächter der Welt, weil sie uns davon abhält, das Vertrauen anderer zu verraten. Buddha nannte Scham auch einen edlen Schatz, etwas wertvolleres als Gold oder Silber, da sie uns davor schützt, Dinge zu tun, die wir später bereuen würden.“ Wenn Geschäftsleute und Politiker keine Hemmungen empfinden, werden sie rücksichtslos. Hallo, Mr. Trump. Die Werbung nutzt die Scham aus, die wir wegen unserer Körper, Ernährung, Sauberkeit oder Reichtum empfinden, um uns Produkte zu verkaufen.


Lügen manipulieren Situationen zu unserem Vorteil

Wir schmeicheln, übertreiben, beschuldigen, klagen, rechtfertigen, schummeln, sind unaufrichtig oder gekünstelt. Wir haben Angst, ehrlich zu sein, Angst, etwas oder jemanden zu verlieren. Anstatt der Wahrheit ins Auge zu sehen, schauen wir weg aus Scham, Schuldgefühlen oder dem Wunsch, anders gesehen zu werden. Offen und ehrlich sind wir nur, wenn wir bereit sind, zu uns zu stehen und alles mitfühlend zu akzeptieren. Wir können uns erst entspannen, wenn wir unsere Heimlichkeiten und die Trennung, die sie erzeugen, loslassen. Indem wir uns öffnen, bewerten wir uns und andere weniger. Dann sind wir bereit, die leisen Stimmen zu hören, nicht länger zwischen Hörer, Hören und der gehörten Realität zu trennen. Gesunde Scham hingegen kann mit Training eine Kraft für das Gute werden. Sind wir in unseren Geschichten gefangen (ich bin ein Opfer), können wir uns selbst gegenüber nicht ehrlich sein. Dann treffen wir häufig Entscheidungen mit schädlichen Folgen für uns selbst und andere. Oder wir beschließen, uns nicht zu ändern, selbst wenn es uns schlecht geht. Indem wir uns entscheiden, ehrlicher zu uns selbst werden, können wir die Wahrheit nutzen, um entspannt und erfüllt zu leben.


Nachspüren

Wenn uns etwas peinlich ist, verstoßen wir gegen unser eigenes Idealbild. Wir fürchten, gesehen und deshalb weniger respektiert zu werden. Das kann etwas Kleines sein, wie ein vermeintlich unpassendes Kleidungsstück, oder etwas Großes, wie das Übertreten von moralischen Standards.
Was wäre, wenn es jemand wüsste? Wovor will ich mich schützen? Warum fühle ich mich in bestimmten Kreisen unwürdig?

Gerald Blomeyer, Berlin am 4. August 2023

Siehe auch Scham – ein Tor zum Mitgefühl




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