Inspiration und Angst. Beides gehört dazu, ob du es willst oder nicht. Aber die Inspiration muss größer sein, wenn auch nur um zwei Prozent, als die Angst. Das reicht schon. Wenn dir das gelingt, kannst du es schaffen.“ – Jane Campion, Regisseurin


Die Angst vor dem Scheitern hält uns klein


Als ich nach acht Jahren in Indien und Nepal zurückkam, wusste ich nicht, wie ich ein neues Leben aufbauen sollte. Lehrer sein. Schön und gut, das war ich auch in Indien. Aber was sollte ich in Berlin anbieten? Was würde ankommen? Gerade an Übergängen im Leben, fühlen wir uns unsicher. Ich hatte Angst den falschen Ansatz zu wählen und zu scheitern, auch weil mein Selbstwertgefühl damit verwoben war. Je mehr ich mich nach Gewissheit sehnte, desto unsicherer fühlte ich mich. Ich beschloss, mich auf die Gegenwart zu konzentrieren, ein kleines Projekt nach dem anderen zu machen und mit Mitgefühl zu leben. Aus buddhistischer Sicht leiden wir, weil wir an unseren Wünschen festhalten und zu wissen glauben, wie die Welt sein sollte. Lassen wir uns jedoch auf das Leiden ein, geht es nicht länger darum, wer wir sein sollten, sondern um das, was wir sind. Indem wir lernen, mit Vertrauen zu leben, werden Ungewissheit und Probleme zur Chance. In der Gegenwart von Zweifeln ist diese Sicht schwer aufrechtzuerhalten, sind sie doch häufig mit der Angst vor Fehlern kombiniert.


Keine Fehler


Das Wort „Fehler“ ist eine Bewertung. In diesem Augenblick, in dem wir leben, können wir keinen Fehler machen, selbst wenn wir es wollen. Es gibt nur das, was jetzt geschieht. Diese Weisheit der „Fehlerlosigkeit“ erlaubt uns, mutiger zu sein. Was würden wir tun, wenn wir keine Angst hätten, einen Fehler zu machen? Im Zen-Buddhismus werden Fehler als der ideale Zeitpunkt betrachtet, um an das Nichtwissen erinnert zu werden. Ein großer Teil unseres Leidens entsteht durch falsche Wahrnehmungen. Um dieses Leid zu beseitigen, müssen wir unsere falsche Sicht aufgeben. „Fehlerlos“ bedeutet, dass es für uns in Ordnung ist, so zu sein, wie wir sind. Weil alles in unserem Leben flüchtig ist, sollten wir versuchen, alles loszulassen. Wir können nichts festhalten. Je mehr wir an etwas hängen, desto mehr Angst haben wir, es zu verlieren. Je ängstlicher wir uns fühlen, desto mehr hängen wir an dieser Sache. Wenn wir verstehen, dass wir alles nur vorübergehend haben, können wir mit der Angst um gehen. Wandel bedeutet Ungewissheit. Sie anzunehmen, schenkt uns Sicherheit.


Verstehen ist der andere Name der Liebe


Why stay the way we are
It hasn’t worked so far
It’s a new day
What if we all could say:
Surrender to love .Ray Charles

In der Liebe ist das ähnlich. Verlustangst kann alles zerstören. Je mehr wir andere dazu bringen wollen, uns zu lieben, desto weniger Liebe und Akzeptanz haben wir für uns selbst. Der vietnamesische Meditationsmeister Thich Nhat Hanh meinte, dass andere zu lieben bedeutet, deren Leiden vollständig zu verstehen. Jeder Mensch braucht Verständnis. „Wenn unsere Herzen klein sind, sind unser Verständnis und unser Mitgefühl begrenzt. Aber wenn unser Herz größer wird, haben wir viel Verständnis und Mitgefühl und können andere umarmen. Akzeptieren wir andere so, wie sie sind, haben sie eine Chance, sich zu verändern.“ Das Leiden eines Menschen zu verstehen, ist das größte Geschenk, das wir einem anderen machen können. Wer das versteht, weiß, was lieben bedeutet. Alle wollen lieben und geliebt werden. Wir suchen, wollen etwas finden, aber wir wissen nicht, was das ist. In jedem Menschen steckt das ständige Verlangen und die ständige Erwartung. Je mehr wir loslassen, desto mehr können wir lieben. Lieben und Verstehen sind dasselbe. Sie sind das Schönste im Leben. Am Montag werden wir die Meditation Tief Zuhören üben. (für iPhone auf Podcast.de)


Nachfragen


Versuchst du durch Gefallen oder Beschwichtigungen akzeptiert zu werden?
Wirkt die Furcht, dich einzulassen, wie eine Handbremse?
Was wäre, wenn du die Bremse löst, um frei und gleichberechtigt dazustehen?

Gerald Blomeyer, Berlin, 16. März 2023

 

Photo by Jeremy Lapak on Unsplash

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