„Nein ist ein vollständiger Satz.“ – Anne Lamont
„Sich zu trauen, Grenzen zu ziehen, bedeutet, den Mut zu haben, uns selbst zu lieben, auch wenn wir riskieren, andere zu enttäuschen.“ – Brené Brown
„Es geht darum, die eigenen Gefühle oder ‚Dinge‘ von denen anderer zu trennen“, sagt die britische Psychologin Dr. Tara Quinn-Cirillo. „Grenzen sind gut, um diesen Freiraum zu erkennen und zu wahren.“ Sie begrenzen die Stressbelastung und fördern das Gefühl der Autonomie. „Grenzen geben uns, so weit wie möglich, die Kontrolle darüber, was wir wollen und was nicht.“
Nein. Ich hab jetzt keine Lust drauf.
Es allen recht machen zu wollen, bedeutet, dass wir uns zugunsten von anderen entscheiden. Wir versuchen Konflikte und Stress zu vermeiden, indem wir die anderen glücklich machen wollen. Doch wir verlieren dabei viel Kraft und machen uns Stress. Um unsere Prioritäten zu leben, müssen wir uns selber zuhören. Geraten wir in eine Situation, in der wir alles auf einmal machen wollen und uns in alle Richtungen gezogen fühlen, bleiben wir selten ruhig. Wir erkennen, dass wir gestresst sind, wenn wir z.B. nicht mehr klar denken können oder wenn wir glauben, dass wir für nichts Zeit haben. Dann ist es wichtig innezuhalten und uns etwas Gutes zu tun: eine Pause zu machen. Um die Ursachen von Stress zu ergründen, fragen wir uns: „Ist es jetzt Zeit, Nein zu sagen und mich abzugrenzen?“ Wer sich so wertschätzt, wird entspannter und mitfühlender mit sich und anderen umgehen. Unsere inneren Monologe nehmen einen anderen Ton an. Wir sind verantwortlich für unsere Sicht auf Stress und wie wir damit umgehen. Wer sich seiner Bedürfnisse bewusst ist, kann leichter „Nein“ sagen. Wer selbstbewusst ist, steht für seinen Wert ein.
Wird unsere Grenze überschritten oder lassen wir sie überschreiten?
Ohne Grenzen zu ziehen, nehmen wir die Wut des Partners persönlich, fühlen uns für dessen Frust verantwortlich und vergessen uns selbst. Vielleicht gehen wir zum Gegenangriff über: wir mauern, beleidigen, ziehen uns zurück, suchen woanders Bestätigung. Doch nur wir können eine neue Grenzen ziehen, um Struktur in unsere Beziehungen zu bringen. Das ist vor allem dann nicht einfach, wenn wir nach alten Gewohnheiten handeln. Als Kind haben wir vielleicht alles getan, um unseren Eltern zu gefallen, von ihnen gesehen und verstanden zu werden. Wir haben uns auf Dinge eingelassen, mit denen wir uns nicht wohlfühlten, bloß um sie nicht zu enttäuschen. Ohne Grenzen verlieren wir uns selbst, glauben jeder Anklage und schämen uns. Jedoch: Wir alle machen Fehler. Es gibt keinen Grund, uns selbst oder anderen die Schuld zu geben. Wir können über Grenzen sprechen und warum sie für uns wichtig sind. Das schafft Nähe und Vertrauen. Wir ziehen Menschen an, die uns lieben, nicht trotz, sondern wegen unserer Grenzen. Die Grenzen entlasten uns von Zwängen, die uns andere aufbürden wollen.
Grenzen respektieren unsere Erwartungen und Erfahrungen
Wollen wir die Erwartungen und Gefühle in uns selbst und anderen beobachten, müssen wir langsamer werden. Wir achten darauf, worin sich die Annahmen und die Realität unterscheiden. Erkennen wir eine Diskrepanz, lassen wir unsere Erwartungen los und erlauben uns, die Wirklichkeit so anzunehmen, wie sie ist. Dazu eignen sich Sätze wie: „Um ganz offen zu sein…“ oder „Was ich wirklich fühle/denke ist…“ Wenn wir zeigen, dass wir verletzlich sind, vertieft das unsere Beziehungen. Ohne Maske zu kommunizieren, wirkt befreiend und erlaubt uns ein Gefühl der Ganzheit zu erleben. Wir erhalten so einen Einblick in unser verletzliches Selbst, wo wir wahrhaftig und tief gesehen und gefühlt werden. Uns selbst zu ehren, bedeutet die eigenen Grenzen zu kennen, sowie klar und deutlich zu sagen, was in Ordnung ist und was nicht. Wofür wir zur Verfügung stehen und wofür nicht. Finden wir den Ort, wo sich unsere Wünsche und die der anderen überschneiden, können wir entspannt unsere Wahrheit aussprechen und die anderen einladen, ihre Wahrheit auszusprechen. Am Montag werden wir über das Grenzen setzen kontemplieren. (für iPhone auf Spotify)
Fragen zum Nachspüren
Wer hat deine Grenzen nicht respektiert?
Fühltest du dich verletzt, traurig oder verärgert?
Wie würdest du dich fühlen, wenn du eine neue Grenze ziehst?
Gerald Blomeyer, Berlin, 1. März 2023
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