Leben und Tod kommen immer im Paket — das eine erhält man nicht ohne das andere. … Ohne Gewahrsein für den Tod können wir nicht wirklich lebendig sein.“ – Frank Ostaseski

Die Stadien des Sterbens sind Geisteszustände, die auftreten, wenn wir loslassen, oder einen Verlust anerkennen … hängen mit dem Tod des Egos zusammen, dem Tod der Dinge, die das Herz blockieren.“ – Stephen Levine

Der Tod und seine stets gegenwärtige Möglichkeit macht die Liebe, die leidenschaftliche Liebe, möglicher.“ – Abraham Maslow, Psychologe

 
Alles ist unbeständig

Beim Sterben lernen wir unser Bewusstsein, das nicht mit dem Körper und der Persönlichkeit identifiziert ist, unmittelbar kennen. Es verlässt den Körper, wird vom Licht angezogen und verschmilzt damit. Im tibetischen Buddhismus übt man schon im Leben, dieses klare Licht zu erleben, damit wir uns beim Sterben darauf einlassen können, anstatt uns an unserer Identität festzuhalten. Im Jahr nach der Notoperation meiner Frau Eva Etta, wurde ihre Krankheit zum Fokus, unsere Berufe verschwanden, der Freundeskreis wurde kleiner, Dinge unwichtiger. Wir lernten Teile unserer „Identität“ loszulassen. Wir waren aufgefordert, nach innen zu schauen und zu erforschen, wie wir die jeden neuen Augenblick täglich willkommen heißen können. Wir begegneten uns im Endlichen, im Unendlichen. Das öffnete unsere Herzen und erlaubte, unsere Liebe und das Vertrauen in die menschliche Güte zu vertiefen. Bewusst konnten wir uns mit dem Ganzen identifizieren, konnten begreifen, dass wir ein Teil des Ganzen sind, und, dass sich alles im ständigen Prozess von Werden und Vergehen befindet. Wir lernten das Sterben zu akzeptieren, die Tragödie als eine Gnade zu sehen. 

 
Bedauern loslassen

Der amerikanische Dichter Stephen Levine versteht die Stadien des Sterbens als Metapher für die Geisteszustände, die während des Vorgangs des Loslassens auftreten. Alles dreht sich um den Tod des Egos und um die Dinge, die unser Herz blockieren. Wer Verluste annimmt, kann die Kostbarkeiten des Lebens schätzen. Wir leben immer am Rand des Sterbens, denn wir wissen nicht, wann der Tod eintreten wird. Sind wir in diesem Augenblick bereit zu sterben? Das lädt uns ein, immer wieder zu fragen, wie wir jetzt leben wollen. „Damit etwas Neues in uns auftauchen kann, müssen wir offen sein für den Wandel“, sagt Frank Ostaseski, der bedeutendste Vertreter der Sterbebegleitung in den USA. Er empfiehlt, den Augenblick willkommen zu heißen und uns nicht in Sorgen um die Zukunft zu verlieren. Doch unsere Angst vor dem Tod hindert uns daran, von Augenblick zu Augenblick lebendig zu sein. Erst wenn wir unser Herz für etwas öffnen, das viel größer ist als unsere eigenen Sorgen, erkennen wir, wie winzig unsere eigenen Sorgen sind. Anstatt in Sorgen, Trauer und Angst zu versinken, erkennen wir unsere grundlegende Interdependenz, unsere Verbundenheit mit anderen. Die Trauer fordert uns heraus, uns wieder zu verbinden und zu lieben. Wie Rumi so schön schrieb: „Die Trauer ist der Garten des Mitgefühls.“

 
Wer grenzenlos liebt, ist gleichmütig

Begegnen wir unseren Dramen und der Ungewissheit mit liebender Güte, machen wir uns unabhängig vom Verhalten der anderen. Verlassen wir uns auf die Beziehung zu anderen, bleiben wir in Reaktionen gefangen. Grenzenlose Liebe macht uns gleichmütig, sanft und warm, verbindet uns miteinander. Es erlaubt uns, allem, was kommt, mit einem weit geöffneten Herzen zu begegnen. Dann ist es leicht zu erkennen, dass wir selbst die Liebe sind. Unser konzeptueller Geist formt unsere Überzeugungen und beeinflusst, wie wir denken und fühlen. Angst, Wut, Panik und andere starke negative Emotionen beschränken unsere Erfahrung der Wirklichkeit. Denken wir hingegen an andere, die sich in der gleichen Situation befinden, können wir Mitgefühl für uns und sie empfinden. Sind wir offen, fließend verbunden mit der wahren Natur der Dinge, ertragen wir den den Schmerz und finden einen Weg zur Heilung. Unsere natürliche Zärtlichkeit hilft uns, die liebende Güte als eine authentische Lebensweise anzunehmen. Mit einem offenen Herzen können wir unser kämpfendes Ego aufgeben.

 

Der Workshop „Die Kunst des Sterbens und des Lebens“ findet am Samstag, 25. Februar 2023, 14 -17 Uhr in Charlottenburg statt.

 

Fragen zum Nachspüren

Was hast du alles verloren – deine Jugend, Beziehungen, Besitz?
Bist du bereit, alles zu verlieren? 
Vertieft diese Entscheidung deine Liebe, macht sie dich frei?

Gerald Blomeyer, Berlin am 9. Februar 2023

Pin It on Pinterest

Share This