Sobald wir lernen uns zu vertrauen, fangen wir an zu leben.” ― Johann Wolfgang von Goethe

Wer in seine Buddha-Natur vertraut, ist für jede Beziehung bereit.“ ― Robert Thurman

When you surrender, the problem ceases to exist. Try to solve it, or conquer it, and you only set up more resistance.” ― Henry Miller


Innere Freiheit können nur wir uns schenken, niemand sonst

Neulich wurde mein Konto vom Online-Bezahldienst Stripe geschlossen. Man beschuldigte mich, dass ich fremde Kreditkarten unerlaubt belastet habe. So etwas würde ich nie tun. Ich war betroffen und empörte mich, weil ich gar nicht wusste, wie man das macht. Ich habe gelernt, dass starke Gefühle ein Zeichen dafür sind, dass in mir „alte Themen“ getriggert werden, die ich schützen möchte. Jede Herausforderung lädt mich ein, mein Herz weiter zu öffnen, und das anzunehmen, was geschieht. Das Problem wurde nicht vom Leben verursacht sondern vonmeinem Verstand, der sich aufregt. Ich wurde eingeladen, mich zu öffnen und absolute Klarheit zu schaffen, denn, Schmerzen zu vermeiden, schafft nur neue Schichten von Empfindlichkeiten, die die Ursache des Schmerzes verdecken. Eine Freundin meldete sich. Ihr wurden drei Zahlungen von Stripe zurücküberwiesen, die mir nie gutgeschrieben wurden. Indem ich das, was mich stört, willkommen heiße, kann ich den Teil von mir loslassen, der das Drama veranstaltet. Um nicht zu leiden, heiße ich diese Herausforderungen willkommen. Das erlaubt mir zu schauen, wo ich festgefahren bin, ohne es zu merken.

Vertrauen ist gut, Anhänglichkeit ungesund

Manchmal sind wir in Beziehungen eifersüchtig, weil wir uns unser selbst nicht sicher sind. Wir sind dann gefordert, offener zu sein, anstatt in diese Mischung aus Leidenschaft und Besitzgier zu verfallen. Vertrauen in eine Beziehung zu haben, bedeutet, dass jeder Partner sich für seinen Teil verantwortlich fühlt. Wir erreichen nichts, wenn wir andere beschuldigen, denn die einzige Person, die wir ändern können, sind wir selbst. Um einer Beziehung zu vertrauen, braucht es Vertrauen in die Realität. Menschen, die einsehen, dass wir im ständigen, bewussten Prozess leben, sind für jede Art von Beziehung bereit. Wer sich jedoch bedürftig fühlt, hofft, dass jemand anderes für sie etwas tun wird. Sie schieben die Schuld, dass etwas falsch ist an der Beziehung, auf den anderen und können die eigene Verantwortung für das, was in der Beziehung falsch läuft, nicht übernehmen. Es ist wichtig, sich die eigenen Schwächen einzugestehen.

Die Unbeständigkeit genießen

Nichts ist für die Ewigkeit bestimmt. Es ist ein subtiles, bittersüßes Gefühl, mit dem wir unsere Wertschätzung und den Schmerz ausdrücken, dass wir nichts – kein Ding, keinen Menschen, weder Liebe noch Leben – festhalten können. Bei der Kirschblüte sprechen die Japaner von „der sanften Traurigkeit der Dinge“ (mono no aware ). Doch wer sich wünscht, dass die Freude länger hält, bleibt auch mal länger in einem Job oder in einer Beziehung, obwohl schon klar ist, dass sie beendet werden sollte. Unsere Erinnerungen entsprechen nicht mehr unserer täglichen Erfahrung. Nehmen wir die Unbeständigkeit an, können wir sowohl die momentane Freude als auch Glück und Wohlbefinden erleben. Den Augenblick auszukosten, hilft uns, die Freude zu genießen. Das intensiviert sie und hilft unsere Beziehungen zu vertiefen. Doch wenn sie in eine Sehnsucht, mit dem Partner zu verschmelzen, umschlägt, werden wir anhänglich oder klammern. Unsere Ängste vor dem Schmerz, etwas zu verlieren, machen uns eng und wir greifen nach etwas, was wir nicht sind.

Worauf können wir vertrauen?

Unsere Welt fühlt sich wie Treibsand an. In jedem Augenblick können kulturelle, politische und ökologische Abgründe uns in die Tiefe reißen. Alles bewegt sich, jeder Augenblick ist vergänglich. Zu akzeptieren, dass alles im Wandel ist, fühlt sich befreiend an, weil wir uns dann dem Fluss des Lebens, dem Wandel hingeben. Nur wenn wir uns der Weite des Bewusstseins öffnen, können wir uns stabil fühlen. Vertrauen bedeutet, sich einzulassen und warten zu können. Wir vertrauen unserem Bewusstsein, das hört, schaut und erkennt. Ruhen wir im wachen Gewahrsein, erleben wir uns als Teil davon, aus dem sich unser Grundvertrauen entwickeln kann. Das nimmt uns den Druck, dass wir oder andere perfekt sein müssen oder uns vergleichen. Das offene Selbst ermöglicht es uns, Liebe, Empathie und Mitgefühl für uns und andere zuzulassen. Wir können auch, die Erfahrung der Stille vertiefen und in den Augenblick zurückkehren. Frieren wir jedoch den Fluss der Erfahrung ein, beleben wir unsere tiefe Konditionierung der Abneigung. Während Wut eine Abneigung ist, die nach außen drängt, ist Angst eine Abneigung, die sich zurückzieht oder nach innen drängt. Vertrauen hingegen ist eine Übung im Warten. Fragen wir mit dem Herzen „Was soll ich tun?“, müssen wir tief zuhören und auf die Entfaltung dessen achten, was erscheint. Nichts ist endgültig. Alles regelt sich neu, wenn wir mit Vertrauen vorangehen.

Am Montag werden wir die Meditation Der Angst begegnen üben. (Spotify)


Siehe auch den Beitrag von Mingyur Rinpoche zur Natur des Geistes.

Gerald Blomeyer, Berlin am 8. Oktober 2022

Photo by Liane Metzler on Unsplash



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