Wir leiden mehr in der Phantasie als in der Wirklichkeit.“ – Seneca

Probier’s mal mit Gemütlichkeit, mit Ruhe und Gemütlichkeit
Jagst du den Alltag und die Sorgen weg.“ – Balu in Disneys Dschungelbuch


Wir reagieren unwillkürlich
Im Actionfilm handelt mancher Held in Zeitlupe. Ohne sich umzudrehen, läuft er vor einer Explosion davon, oder stellt sich einer Schar von Bösewichten mit gleichmäßigem Herzschlag und selbstgefälligem Gesicht. Wir hingegen zucken bei einem lauten Geräusch zusammen. Wenn wir eine Gefahr wahrnehmen, steigt unser Herzschlag und weiten sich unsere Augen, damit wir möglichst viel von der Bedrohung erkennen. Wir haben kaum Kontrolle über diese erste Reaktion, da sie unbewusst von unserem sympathischen Nervensystems ausgelöst wird. Unser Körper will uns blitzschnell vor Schaden bewahren. Erst danach entscheiden wir, ob wir auf die diese Gefahr hektisch oder bedacht, mit einem kühlen Kopf, reagieren. Gelassen zu bleiben, fällt uns nicht leicht, wenn wir gestresst sind. Wir sind gewohnt, uns aufzuregen, wenn andere unsere Grenzen überschreiten. Doch wir allein sind verantwortlich für die Art, wie emotional wir reagieren. Bleiben wir gelassen, ist es sicherlich einfacher anderen unsere Grenzen klar zu machen.

Nicht handeln
In der Meditation (und im Leben) brauchen wir ein Gleichgewicht von Tun und Sein, von Handeln und Annehmen, um die Wahrheit der gegenwärtigen Erfahrung zu erkennen. Verurteilen wir Hindernisse wie Müdigkeit oder Ablenkung, halten wir sie fest. Wir werden erst gelassen, wenn wir sie nur beobachten. Sie achtsam willkommen zu heißen, macht sie unwirksam. Sie stören uns nur, wenn wir auf sie reagieren. Als ich zu meditieren begann, sollte ich alles, was geschah, willkommen hießen. Das, was passierte, passierte eben. Doch das erforderte Mühe. Immer wieder musste ich aufmerksam sein, um nicht von einer Flut von Gedanken, Plänen, Urteilen und Erinnerungen mitgerissen zu werden. Mit der Zeit fiel mein Geist von allein an seinen Ruhepunkt zurück. Die Perspektive wurde weiter, die Praxis einfacher. Ich spürte jeden Atemzug im Körper einzeln und vollständig. Dann folgte noch ein Atemzug und noch einer. Auf diese Weise lernte mein Geist sich zu konzentrieren. Meine Wahrnehmung änderte sich.

Den Körper fühlen
Denken allein kann unser Leiden nicht beenden, denn Gefühle bestimmen unsere Wahrnehmung. Wir sind zuerst emotionale, dann rationale Wesen. Wenn wir die problematischen Aspekte unser Persönlichkeit annehmen, können wir unsere Wut und Meinungen anschauen, ohne uns selbst zu verurteilen. Wir können uns klarer ausdrücken, wenn wir zu uns stehen. Indem wir unsere Gefühle annehmen, können wir sie transformieren. Früher habe ich nicht alles willkommen geheißen. Ich hatte Angst vor Gefühlen, die ich nicht bewältigen konnte. So habe ich Bruchstücke meiner Erinnerungen im Körper, in Gefühlen und Geschichten gespeichert. Traten ähnliche Situationen auf, habe ich die wiederkehrenden Muster nicht erkannt. Mein Körper reagierte jedes Mal anders darauf, mal mit einem geschwollenen Knie, Hexenschuss oder Rückenschmerzen. Ich litt und spürte, dass etwas nicht stimmt, aber konnte die Ursache nicht einordnen.

Vom Denken ins Fühlen
Angst oder Leiden erfahren wir im Körper. Wer sie nicht fühlen will, ignoriert, wo sie im Körper leben. Fühlen wir sie im Augenblick nicht, heißt es nicht, dass sie nicht da sind. Geben wir dem Widerstand gegen das Unbekannte auf, gelangen wir an einen neutralen Ort. Dann können wir uns auf das, was da ist, einlassen. Wir übernehmen die Verantwortung für unsere alten Gedanken, Gewohnheiten und Gefühle. Wir können uns verändern, uns von den Fesseln der Vergangenheit lösen. Indem wir uns für Liebe und Freude öffnen, können wir wahre Dankbarkeit empfinden. Wie der vietnamesische Zen-Meister Thich Nhat Hanh sagte: „Wenn du denkst, dass Frieden und Glück irgendwo anders sind und du ihnen hinterherläufst, wirst du sie nie finden. Erst wenn du erkennst, dass Frieden und Glück hier im gegenwärtigen Moment vorhanden sind, kannst du dich entspannen. … Halte einfach inne! Berühre den Boden des gegenwärtigen Augenblicks tief, und du wirst wahren Frieden und Freude erfahren.“ Um die Schönheit des Augenblicks zu erleben, beginnen wir mit kleinen Dingen, etwa ein Fenster achtsam zu öffnen, oder bewusst unsere Hände zu waschen und unseren Tee Schluck für Schluck zu genießen. Diese Augenblicke der Gelassenheit summieren sich zu einem Leben. Indem wir den Frieden leben, helfen wir auch anderen, Frieden zu schließen. Lasst uns jetzt damit anfangen! Am Montag werden wir die Meditation Tief zuhören üben.

Gerald Blomeyer, Berlin, August 2022

Photo by Himal Rana on Unsplash

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