Staunen öffnet unseren Geist

„Finde das Unmögliche im Einfachen“ – Beau Lotto, Neurowissenschaftler, Cirque du Soleil Forscher (tolles Video)

„Das Schönste, was wir erleben können, ist das Geheimnisvolle. Es ist das Grundgefühl, das an der Wiege von wahrer Kunst und Wissenschaft steht. Wer es nicht kennt und sich nicht mehr wundern, nicht mehr staunen kann, der ist sozusagen tot und sein Auge erloschen.“ – Albert Einstein: Mein Weltbild, 1953


Staunen ist ein komplexes und geheimnisvolles Gefühl. Wir erleben es als Gänsehaut bei einem Konzert. Wir fühlen es beim Blick von einem Gipfel, beim Anblick der unendlichen Weite der Sterne am Himmel, beim Rauschen der Blätter an den Bäumen, die sich im Wind wiegen oder beim Duft einer Rose. Wir staunen, genießen und freuen uns über den Augenblick. Wenn wir so intensiv fühlen, setzt unser Denken aus, und es bleibt bei einem „boah ist das großartig“.

Staunen durchbricht die Grenzen unserer Vorstellung und Konzepte. Wir staunen über etwas Neues, dass am Übergang zwischen Wahrnehmen und Wissen geschieht. Für Aristoteles beginnt die Philosophie mit dem Staunen (thaumazein), weil etwas uns verwundert und verunsichert. Die Ordnung eines geschlossenen Systems wird durch ein offenes ersetzt, das immer wieder neu zu Entdeckungsreisen einlädt. Es ist eine Polarität, ähnlich wie beim gerichteten Fokus (denken) und dem offenen Fokus (fühlen). Unser Verstand ist eingebettet in unsere emotionale Natur. Beim Staunen öffnen wir uns für Neues, Anderes, Fremdes. Wenn wir uns auf imaginäre Welten, auf Unfassbares, einlassen, können wir etwas radikal anderes erleben. Diese Erfahrung ist nicht mehr an Körper und Verstand gebunden.

Wir verharren lustvoll an den Grenzen, erleben uns kleiner und bescheidener. Staunen bedeutet sich einzulassen, sich als Teil eines größeren Ganzen zu fühlen. Die Forschung zeigt, dass ein Mensch, der staunt, sich weniger um sich selbst kümmert, sondern auch die Bedürfnisse der Menschen um ihn herum sieht. Wir verhalten uns gegenüber anderen positiver. Doch wenn wir unsere Grenzen überschreiten, werden wir unsicher. Das Staunen ruft ein „Bedürfnis nach Anpassung“ hervor, um die Welt neu zu verstehen. Das ist ein wesentlicher Teil des Erlebnisses.

Mit etwas Übergeordneten verbinden

Es ist verlockend, sich der Ungewissheit zu entziehen und das Denken in ein intellektuelles Konzept zu zwängen. Das liefert aber nicht die Tiefe und das Detail, die wir brauchen, um Qualität zu schaffen. Wenn wir uns beim Staunen unsicher fühlen, ist das positiv, weil unsere Gewohnheiten in Frage gestellt werden. Dann fällt es uns leichter, neu nach unseren Prioritäten zu fragen: „Ist das, woran ich arbeite, wirklich das, was mir am Herzen liegt?“ Erst unsere Motivation gibt uns die Kraft für die nächsten Schritte. Anstatt nach Antworten und Lösungen zu greifen, bleiben wir offen und weich, um die Klarheit zu erhalten, die wir suchen. Wir weiten unsere Perspektive, um den Kontext neu zu sehen. Das Unbehagen ist deshalb unverzichtbarer Teil des Prozesses. Wenn wir bewusst, präsent und fokussiert bleiben, können wir vertrauen, dass wir das entdecken werden, was wir brauchen.

Den Weg erspüren

Anstatt zu versuchen, alles mit dem Verstand zu lösen, fühlen wir uns in den Raum des Nichtwissens ein. Das Unbekannte steckt voller Potential, das sich uns noch manifestieren muss. Unsere Aufgabe ist es, dieses Potential zu entdecken, um das zu erschaffen, was wir wirklich wollen. Wer staunt, kommt zu neuen Einsichten und Perspektiven. Astronauten berichten, es habe lebensverändernd gewirkt, als sie vom Weltraum aus auf die Erde schauten. Sie kamen oft mit einem starken Gefühl der Einheit mit der Menschheit als Ganzes zurück. Der amerikanische Neuropsychologe Paul Pearsall meinte: „Staunen ist ein überwältigendes und verwirrendes Gefühl der Verbundenheit mit einem verblüffenden Universum, das normalerweise weit jenseits des schmalen Bandes unseres Denkens liegt.“ Bleibt nur noch zu fragen: Hast du heute schon gestaunt?

Gerald Blomeyer, Berlin 14. Juli 2021

Wir werden am Montag, 19. Juli 2021, mit Atemmeditationen starten.
Montag-Meditation jeweils 19 bis 20 Uhr — auf Spendenbasis
Yoga Nidra / Gewahrsein im Liegen, Achtsamkeit und Mitgefühl
Zoom-Meeting ID: 717 8815 3202, Password: 7KKN5K
https://us02web.zoom.us/j/71788153202?pwd=U0dSNTYreGJSZWErSG13cmZ2dXFDdz09

Foto: https://earthobservatory.nasa.gov/images/86257/an-epic-new-view-of-earth

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