„Bei der Meditation ist es erforderlich, dass wir in gewissem Maße des Gewahrseins selbst gewahr sind. So wird uns die Qualitat des Geistes bewusst und nicht nur die Qualität der Phänomene, die der Geist wahrnimmt. (…) Doch nur aufmerksam zu sein ist noch keine Meditation. Die beiden entscheidenden Bestandteile der Meditation sind die Intention und das Erkennen. (…) Wenn etwas geschieht, sind wir immer auch gewahr, dass etwas geschieht – das ist das Erkennen. Mit anderen Worten‚ wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf dem Atem ruhen lassen, lassen wir uns von dieser Erfahrung nicht so stark absorbieren, dass wir den Kontakt zu allem anderen verlieren. Wir sind des Atems zwar voll gegenwärtig aber gleichzeitig wissen wir, dass wir gewahr sind. (…)
Buddha Shakyamuni: „wenn ein Mönch geht, ist ihm bewusst. dass er geht: wenn er steht, ist ihm bewusst, dass er steht; wenn er sitzt, ist ihm bewusst, dass er sitzt, und wenn er liegt, ist ihm bewusst, dass er liegt. Dieses Erkennen, dieses Wissen um jeden Augenblick und jede Aktivität ist Meditation. (…)
Wenn sich das meditative Gewahrsein vertieft, werden wir allmählich fähig, das reine Gewahrsein zu erfahren Dies ist nicht irgendein außergewöhnlicher Bewusstseinszustand. Vielmehr ist eines der Hauptmerkmale von Gewahrsam, dass es völlig gewöhnlich ist. Es ist nur eine natürliche Verlängerung des ersten Eindrucks von Gewahrsein, den wir erhalten, wenn wir beginnen zu meditieren. Der Meditationsprozess verbindet uns aber nicht nur mit der Präsenz des Gewahrseins, sondern auch mit dessen eigentlicher Natur. (…) probieren Sie einmal, Ihre Konzentration vom Atem auf lhr Gewahrsein des Atems zu verlagern. (…)
Sobald Sie fähig sind, den Geist stabil bei der Natur des Gewahrseins verweilen zu lassen, können Sie ganz auf das Objekt verzichten. (…) Sie praktizieren das offene Gewahrsein in hundertprozentiger Entspannung, das heißt: Was auch immer sich ereignet, ist perfekt, so wie es ist. (…) Sie sind eins mit dem Gewahrsein. (…) Das Gewahrsein ermöglicht uns, am Ufer stehenzubleiben, ohne von der Strömung mitgerissen zu werden. (…)
Doch die Gedanken sind immer nach da. Sie können ruhig oder aufgewühlt, fokussiert oder wild und zerstreut sein. Aber wir identifizieren uns nicht länger mit ihnen. Sie sind zum Gewahrsein geworden, nicht zu den Gedanken. Durch das Erkennen des Gewahrseins können wir einen Schritt zurücktreten, die Gedanken beobachten (…) Die Identifikation mit unserem natürlichen Gewahrsein anstatt mit den Gedanken löst deren destruktive Kraft auf.“

aus Yongey Mingyur Rinpoche: „Werde ruhig wie ein tiefer See: Vorbereitende Übungen des tibetischen Buddhismus”
Siehe auch seinen Artikel “Jenseits von Meditation – Erfahrungen eines tibetischen Meditationsmeisters”

 

 

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