Wenn wir ein Wunder erleben, gibt es etwas anderes als das Wissen darüber? Uns dessen bewusst zu sein, ist alles, was wir je erkennen oder uns bekannt sein könnte.“ – Rupert Spira

 

Jede Erfahrung ist nur das Wissen um etwas.

Wir erfahren etwas und sind uns dessen bewusst. Aber es gibt nur das Wissen darüber. Wir können nichts außerhalb des angeborenen, nicht konstruierten Bewusstseins erkennen. Unser Verstand erfasst nicht die Wirklichkeit, sondern bietet Beschreibungen der Erfahrung, die das erkennende Bewusstsein macht. Wir interpretieren das, was wir erleben, von unserem psychologischen, kulturellen und sprachlichen Hintergrund. Um das Bewusstsein zu erkennen, müssen wir uns weder disziplinieren, stillhalten oder loslassen. Anstatt uns auf die Inhalte zu konzentrieren, werden wir uns des Raums bewusst, in dem die Menschen und Objekte erscheinen. Dieser Raum war immer da, aber wir hatten unsere Aufmerksamkeit auf die benennbaren Dinge im Raum gerichtet.


Können wir das Bewusstseinsfeld verlassen?

Obwohl die Objekte der Erfahrung begrenzt sind, hat das Bewusstsein, in dem die Erfahrung entsteht, keine Grenzen. Können wir diesen Raum des Bewusstseins, in dem unsere Erfahrungen erscheinen, verlassen oder stören? Das, was wir im Wesentlichen sind, ist immer im gleichen makellosen Zustand. Es kann nicht gestört werden. Der Frieden unserer Natur, existiert unabhängig von jeder Erfahrung. Es gilt dies ohne Mühe zu erkennen, nicht zu erarbeiten. Unser wesentliches Selbst ist von Natur aus erfüllt, unabhängig davon, ob etwas stattfindet oder nicht. Der Frieden und das Glück, nach dem wir uns alle sehnen, sind vorhanden, so wie wir sind, unabhängig vom Inhalt unseres Denkens, Körpers oder der Welt. Alles, was unser Verstand kennt oder erlebt, ist vorgestellt. Bewusstsein hingegen ist formlos, ein Feld der Präsenz, das wir uns nicht vorstellen aber erleben können. Alles, was wir in diesem Moment erfahren, ist Bewusstsein, das sich in der Form des endlichen Verstandes als Gedanken und Wahrnehmung moduliert. Im Denken erscheint es als Zeit, in der Wahrnehmung als Raum. Alles, was wir erfahren, ist Bewusstsein, das Wissen um unsere Erfahrung. Wir sind uns bewusst, dass wir bewusst sind.


Bewusst zu sein, ist unsere primäre Erfahrung

In der buddhistischen Philosophie wird das ganzheitliche Gewahrsein als unsere wahre Natur bezeichnet. Wir erfahren es, indem wir unser Ego, unsere ständig ändernden abstrakten Selbstdarstellungen, auflösen. Alle schönen und schmerzhaften Erfahrungen erkennen wir im ungeteilten Licht des Gewahrseins, dem Potenzial, das uns innewohnt und gleichzeitig den ganzen Körper und unsere Umgebung durchdringt. Das Bewusstsein ist eine Manifestation der Lebenskraft, des Prana. Diese subtile, nicht materielle Essenz, belebt uns und unterscheidet sich von rein physischen Prozessen. Das Bewusstsein wird als die Fähigkeit betrachtet, diese Lebenskraft zu erfahren, zu erkennen und zu reflektieren. Körperlich aktiviert Prana unsere Beweglichkeit, Kraft und unseren Stoffwechsel. Es beeinflusst auch alle Bewusstseinsprozesse, unser Denken und Fühlen und unsere Befindlichkeit. Indem wir das Bewusstsein erleben, das den Körper und unsere Umgebung gleichzeitig durchdringt, begreifen wir, dass es auch die Grundlage für den tiefsten Kontakt ist, den wir mit anderen Menschen und der Natur haben können. Wir erfahren Einssein und Getrenntsein gleichzeitig. Nachdem wir das Bewusstsein hinter und in jeder Erfahrung erkennen, sehen wir das Bewusstsein und sein Objekt, gleichzeitig als eins.

Am Montag werden wir die Meditation Tun und Sein im Gleichgewicht üben.


Nachspüren

Wir lesen die Schrift auf dem Papier. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit dann auf das weiße Papier lenken, auf dem diese Worte geschrieben sind, machen wir uns bewusst, dass wir uns dessen gleichzeitig bewusst sind. So wie das Papier hinter und in den Wörtern auf dieser Seite präsent ist, sehen wir Bewusstsein und Denken gleichzeitig als eins.

Gerald Blomeyer, Berlin am 26. Januar 2024

Foto von Dmitry Ratushny auf Unsplash

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