„Die Essenz der Meditation ist es, bewusst zu sein. Wir wissen, was wir denken, fühlen, tun, sehen, hören. Das ist alles.“ – Mingyur Rinpoche
„Wir können nichts ändern, wenn wir es nicht akzeptieren.“ – Carl Gustav Jung
„If you are doing something to rest then you’re not resting. If you are “doing” meditation then you are not meditating.“ – Dzogchen Ponlop Rinpoche
Von der Achtsamkeit zur Nicht-Meditation
Die meisten Menschen glauben, dass Meditation etwas ist, das wir tun. Wir glauben, wir seien auf einem progressiven Pfad wie Mantra-Meditation, Achtsamkeit usw. Aber um glücklich zu werden, müssen wir uns nicht anstrengen, etwas zu erreichen. Wir müssen lernen loszulassen. Wir wiederholen ein Mantra, beobachten den Atem oder unser Gehen. Im gegenwärtigen Moment lernen wir, unsere Gedanken und Sinneserfahrungen zu beobachten, was unseren Körper und Geist beruhigt und entspannt. Wir identifizieren uns mit dem Beobachter, der die Gedanken und Gefühle erkennt. Im nächsten Schritt lernen wir, diesen gerichteten Fokus (Spot) in einen offenen Fokus (Flutlicht) zu wechseln. Wenn wir uns auf die Weite des Bewusstseins einlassen, brauchen wir unsere Aufmerksamkeit weder auf ein Objekt zu richten noch etwas zu untersuchen. Wir nehmen den Augenblick in seiner Ganzheit an und sind uns bewusst, dass alle Wahrnehmungen gleichzeitig existieren. Wir selbst sind die bezeugende Präsenz des Gewahrseins, in dem alle Erfahrungen erscheinen. Indem wir das, was erscheint, willkommen heißen, nehmen wir jeden Druck heraus. Dann kämpfen wir nicht, wir brauchen nichts und niemanden zu verändern. Indem wir loslassen, können wir erkennen und verstehen, ohne uns anzustrengen. Das ist wichtig, denn jede Anstrengung entfernt uns von uns selbst.
Der direkte Pfad: Die Nicht-Meditation
Diese Praxis hat kein festes Ziel. Wir wollen nichts erreichen, sondern uns sanft auf das akzeptierende Bewusstsein öffnen. Im Zustand bewusster Ruhe kann sich der Geist selbst organisieren. Um uns vollständig einzulassen, fragen wir: „Was erkennt diese Erfahrung?“ oder „Was ist sich ihrer bewusst?“ Das löst den Fokus vom objektiven Inhalt der Erfahrungen. Wir sind nicht unsere Gedanken, sondern das, was unsere Gedanken erkennt. Wir sind nicht unsere Gefühle und Empfindungen, sondern wir sind uns ihrer bewusst. Anstatt das Licht unseres Wissens auf den Inhalt der Erfahrung zu richten, erkennen wir, dass wir selbst die Präsenz des Gewahrseins sind. Mit entspannter Aufmerksamkeit können wir sagen: „Ich bin“, bevor wir unsere Erfahrung qualifizieren als „Ich bin dies oder das“. Es geht um reines Sein, nicht um Tun und Denken. Indem wir alles annehmen, können wir direkt erkennen, was da ist. Statt etwas Neues als Ergebnis großer Anstrengung anzustreben, erkennen wir, dass wir schon jetzt vollständig sind. „Entscheidend ist, sich nicht einen einzigen Augenblick lang ablenken zu lassen. Sobald die Erkenntnis stattgefunden hat, ist die ungestörte Nicht-Meditation der Schlüssel zu unserer Praxis.“ sagt Tulku Urgyen, der Vater von Mingyur Rinpoche.
Ruhen in der eigenen Natur
Unsere grundlegende Geistesqualität, das Bewusstsein, ist immer präsent, rein und ruhig. Der tibetische Abt Mingyur Rinpoche empfiehlt drei Übungsschritte, um sich mit dem Gewahrsein zu verbinden. Der erste besteht darin, sich zu entspannen und einfach den Tönen zu lauschen, die da sind. Zu erkennen, dass wir gleichzeitig hören und erkennen, ist die eigentliche Meditation. Der zweite Schritt ist, dass wir überall und jederzeit mit allem meditieren können. Der dritte Schritt ist es, alles, was ist, anzunehmen, und Selbstmitgefühl zu praktizieren anstatt Selbstkritik zu üben. Die Meditation des offenen Gewahrseins bedeutet, dass wir nichts tun, sondern einfach sind. Diese Nicht-Meditation nimmt alles wahr, was geschieht. Das macht uns frei und präsent. Alle Erfahrungen werden so wahrgenommen, wie sie geschehen, ohne zu urteilen. Anstatt uns in einem Gedanken oder Gefühl zu verfangen, werden wir ermutigt, alles mitzuerleben, was auch immer geschieht. Kein Inhalt ist vom Beobachter getrennt, was ein Gefühl der Einheit und Verbundenheit mit der Welt entstehen lässt.
Am Montag werden wir die Meditation “Alles willkommen heißen” üben.
Nachspüren
Beginne mit einem Spaziergang. Während du dich bewegst, lass die Idee „ich bewege mich“ los und werde zum Fluss der Bewegung. Denke: „Während des Gehens, kein Geher. Sei das Gehen.“ nach Willa Baker
Gerald Blomeyer, Berlin am 9. Januar 2024
Photo Scharbeutz, Januar 2024