Das Gegenmittel für Stolz ist, sich in die Lage eines anderen zu versetzen.“ – Gampopa

Wenn wir aus Wut handeln, bestrafen wir andere und uns selbst. Unser Gleichmut verflüchtigt sich.“ – Yongey Mingyur Rinpoche



Die fünf Dhyani-Buddhas: Wegweiser zur geistigen Transformation

Eine grundlegende Idee im tibetischen Buddhismus ist, dass wir negative Emotionen und Affekte in positive, erhebende Zustände des Geistes umwandeln können. Die fünf Dhyani-Buddhas repräsentieren fünf Aspekte des erleuchteten Bewusstseins. Sie sind keine historischen Figuren wie Gautama Buddha, sondern transzendente Wesen, die verschiedene Aspekte des erleuchteten Bewusstseins repräsentieren. Sie helfen uns, das, was uns zurückhält, also Gefühle wie Arroganz, Ärger, Eifersucht, Anhaftung und Unwissenheit, zu erkennen und sie in „Weisheitsenergien“ umzuwandeln. Diese fünf Kräfte wirken zusammen im Mandala von Vairochana, das uns dazu inspiriert, destruktive oder bindende Gefühlen in einen Zustand der Klarheit und Erkenntnis umzuwandeln. Jeder Dhyani-Buddha verkörpert deshalb neben der Weisheit auch die Verblendung, die uns behindert:
STOLZ in die Weisheit der Gleichheit (Ratnasambhava)
ANHAFTUNG in die Weisheit des Unterscheidungsvermögens (Amitabha)
UNWISSENHEIT in die allumfassende Weisheit (Vairochana)
EIFERSUCHT in die Weisheit des gemeinschaftlichen Wachstums (Amogasiddhi)
WUT in spiegelgleiche Weisheit (Akshobhya)

 

Das Mandala Lab: eine Ausstellung im Rubin Art Museum, New York

Das New Yorker PRO-Architekturbüro von Miriam Peterson und Nathan Rich entwarf die Ausstellung nach einem Mandala mit vier Quandranten und einer Mitte. Sie will konzeptionell und architektonisch Unwissenheit überwinden. Der Chefkurator des Mandala Lab, Tim McHenry, verwendet statt dem Begriff der Erleuchtung, das Wort Verbundenheit, das Gefühl uns mit allem eins zu fühlen. Die Besucher werden eingeladen, zu riechen, zu sehen, zu berühren und zu hören, während sie ihre eigenen Gedanken und Emotionen wahrnehmen, interpretieren und verarbeiten. Wir können Gongs anschlagen, um sie dann in Wasser einzutauchen, um Wut in spiegelnde Weisheit zu verwandeln. Die augenfällige Skulptur des in New York ansässigen Künstlers Palden Weinreb ist der Mittelpunkt für das, was das Museum als „Atemecke“ beschreibt. Hier konzentrieren sich die Besucher auf das Konzept des Neids. Sie synchronisieren den Atem mit einem pulsierenden Licht. Es wird heller und dunkler, was uns zu tieferen, langsameren Atemzügen anregt. Ein Zyklus dauert elf Sekunden, mit etwa fünf Sekunden Einatmen und sechs Sekunden Ausatmen.

 

Heftige Gefühle sind die Kehrseite von Weisheit


Wenn wir etwas körperlich erleben, bleibt die Information länger bei uns, als bei passivem Zuhören. Das Vairocana-Mandala macht deutlich, dass Weisheit nur wirken kann, je weniger starke Gefühle wie Stolz, Anhaftung, Neid, Wut oder Unwissenheit vorhanden sind. Diese emotionalen Reaktionen sind die Wurzel unseres Leidens. Durch sie erleben wir uns als getrennte Wesen. Die Installation in New York fördert die buddhistischen Prinzipien der Selbstwahrnehmung und der Achtsamkeit gegenüber anderen. „Du musst deine Gefühle nicht ändern, sie nicht kontrollieren. Sei dir deren einfach bewusst. Sich bewusst zu sein, ist der erste Schritt zur Weisheit.“ sagt der tibetische Abt Yongey Mingyur Rinpoche. Durch das Verständnis dieser komplexen Emotionen, hoffen wir, eines Tages unsere Unwissenheit zu überwinden, um an einem Ort größerer Weisheit und Gleichmut anzukommen.

Nachspüren

Der Übergang von einer belastenden Emotion zur Weisheit ist wie zwei Seiten einer Medaille. Wir können lernen, die Weisheit zu wählen, anstatt uns zurückzuhalten. Die Tafel bei der Atem-Licht-Skulptur fragt: „Kannst du Neid ausatmen und Freude sowie Wertschätzung einatmen?“

Gerald Blomeyer, Berlin am 24. November 2023

 

Image: PRO – Peterson Rich Office, www.pro-arch.com
Photography: ©Rafael Gamo, www.rafaelgamo.com

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