Potential ist unsichtbar
Wenn ich glücklich bin, fühle ich mich im Einklang mit mir und der Welt. Ich fühle mich sowohl als unabhängiges Individuum als auch als Teil eines größeren Ganzen. Im Buddhismus wird zwischen der konventionellen und der universellen Wirklichkeit unterschieden, zwischen dem Gefühl des Selbst und dem Potenzial, etwas Größeres und Formloses zu sein. Es geht darum, Tun und Sein im Gleichgewicht zu halten. Wir manifestieren etwas aus dem Potential, das leer von Form, aber voller Möglichkeiten ist. Unser Bewusstsein erkennt und erfährt die Beziehungen zu uns selbst, zu anderen und zur Natur. Auf einer Metaebene sind wir alles, alle lebenden Wesen oder sogar die gesamte Realität, und es gibt kein getrenntes Selbst. Das individuelle Selbst ist jedoch notwendig, um unsere Wahrnehmung und Perspektiven zu formen und handeln zu können. In diesem Kontext wird unser Leben zu einer aufregenden Reise der Liebe, auf der wir zwischen diesen Polen pendeln.
Unsicherheit als Synonym für Freiheit und Möglichkeiten
Menschen, die traumatisiert sind, versuchen sich oft zu schützen. Doch sie kennen auch das Gefühl, sicher in den Armen einer anderen Person zu sein oder einen Baum zu umarmen. Die heilende Erfahrung, geliebt zu werden, kommt aus dem formlosen Raum, genauso wie Dankbarkeit und Staunen. Wenn wir eine lebendige Ganzheit spüren, können wir das Potential nutzen, um das zu manifestieren, was für uns wichtig und schön ist. Unsere Absichten lassen uns nicht im formlosen Raum ausruhen, sondern spornen uns an, Neues aus der breiten Palette von Möglichkeiten zu manifestieren. Menschen, die unsicher sind, neigen dazu, ihr separates Selbst gegen potenzielle Verletzungen zu schützen. Meditation kann deshalb herausfordernd sein, da es nicht um Kontrolle, sondern um Vertrauen und Hingabe geht. Wer sich mit Unsicherheit anfreundet, kann im bloßen Sein die Liebe durch sich hindurchfließen lassen. In der Weite des Bewusstseins ist alles willkommen.
Was passiert, wenn wir lieben?
In einer Beziehung sind unsere Energiefelder miteinander verbunden. Wie die Wissenschaft zeigt, schwingen sich unsere Gehirne aufeinander ein und erleben Resonanz. Das geschieht auch in großen Gruppen, die miteinander singen. Bindungslos zu lieben, erfordert, in der Weite des Seins präsent zu sein. Wenn wir Liebe sowohl innerlich als auch äußerlich empfinden, sind wir die Liebe. Diese Wirklichkeit wahrzunehmen ist eine tiefgreifende und schwer zu definierende Erfahrung. Sie entsteht als ein klares Wissen oder Bewusstsein, das vibriert. Dieses Erkennen der Wirklichkeit lässt sich nicht in Begriffen von Dingen oder Materie definieren. Jeder Versuch, führt wieder zu Vergleichen mit etwas anderem. Wir können nicht sagen, dass sie leer, alles oder nichts ist. Wir können nichts darüber sagen, denn sie ist kein Ding. Bewusstsein und Liebe sind erfahrbar aber undefinierbar. Versuchen wir die Erfahrung ohne Bezug zu anderem, etwas Wahres darüber zu sagen, verstummen wir.
Am Montag werden wir die Meditation „Tun und Sein im Gleichgewicht“ üben.
Nachspüren
Bedingungslose Liebe ist selbstlos, fühlt sich sicher an und erfordert bedingungslose Akzeptanz. Wir können immer Liebe anbieten. Bei der nächsten Entscheidung, fragen wir uns: „Was ist das Liebevollste, das ich jetzt tun kann?“
Gerald Blomeyer, Berlin am 3. Oktober 2023
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