Hurt“ von Trent Reznor

I hurt myself today
To see if I still feel, I
Focus on the pain
The only thing that’s real

The needle tears a hole
The old familiar sting
Try to kill it all away
But I remember everything

What have I become?
My sweetest friend
Everyone I know
Goes away in the end

 

Die tiefen Gefühle eines Liedes

Hurt“ ist ein Musikvideo und zugleich eine vierminütige Mini-Biografie von des US-Sängers Johnny Cash. Es hat mich tief berührt. Der Produzent Rick Rubin (8 Mal mit dem Grammy ausgezeichnet) dachte, dass die Ballade „Hurt“ von Trent Reznor (Nine Inch Nails) etwas zutiefst Persönliches im Sänger wecken könnte. Reznor hatte den Text an einem düsteren Ort geschrieben, um bei Verstand zu bleiben. 1996 hat er den Hit auch mit David Bowie aufgeführt. Rubin empfahl Cash den Text als Gedicht zu lesen. Was die Cash-Version auf eine völlig andere Ebene hob, war das zugehörige Video. Unter der Regie von Mark Romanek verbindet es Archivaufnahmen, Heimvideos und die Aufführung. Der leere Raum im Hintergrund zeigt alle Knarren und Risse in Cashs Gesicht und Stimme. Die Gegenüberstellung von Johnny als junger, lebendiger Mann ist extrem. Als der junge Johnny auf dem Zug vorfährt, bekam ich eine Gänsehaut. Drehort war Cashs Wohnhaus und Museum, das „The House of Cash“. Es war lange Zeit geschlossen und befand sich in einem Zustand des Verfalls.


Der Verfall des Johnny Cash

Das Video spricht von der Vergänglichkeit des Lebens, der Anmutlosigkeit des Todes, dem Verfall eines Werkes und dem Niedergang einer Ära. Die Platinschallplatten haben einen Sprung. Es gibt keine Gäste beim Kaviar- und Hummerbankett. Die Früchte und Blumen sind in verschiedenen Stadien des Verfalls – fast wie Cashs legendäre Vergangenheit und grausame Realität der Gegenwart. Die Stimmung unterstreicht die Vergeblichkeit und Vergänglichkeit menschlichen Schaffens. Als das Video im Februar 2003 gedreht wurde, war Cash 71 Jahre alt und hatte ernsthafte gesundheitliche Probleme. Seine Stimme vermittelt so Emotionen auf eine noch tiefere Weise. Er starb sieben Monate später, seine Frau June Carter Cash war zuvor gestorben. „Hurt“ wurde mehrere hundertmillionen Mal auf Youtube gesehen. Es gilt nach der Musikzeitschrift NME als eines der besten Videos aller Zeiten. Es gewann sowohl einen Grammy als auch andere Auszeichnungen.


Vergänglich bedeutet, fortwährend zu verlieren und neu aufzutauchen

Hurt“ führt uns vor, dass alles vergeht. Wenn wir bemerken, dass jede Erfahrung vergänglich ist, haften wir nicht an. Zu akzeptieren, wie sich alle Dinge auflösen, befreit uns von Enge und entspannt das Herz. Die ständig wechselnden Phänomene, lassen uns ihre selbstlose Qualität erkennen. Das Video lässt uns an der Erfahrung von Veränderungen teilhaben, indem es uns als Beobachter einschließt. Wir werden herausgefordert, tief zu schauen und uns selbst zu begegnen. Unsere Erfahrung fließt einfach weiter und ändert sich. Was eben hier war, ist nicht mehr da. Das hilft uns, aufzuwachen. C, und kann uns helfen loszulassen. Da unser Körper kein festes Selbst besitzt, kann uns seine verfallende Natur entlasten. Es ist einfach so, wie es ist.

 

Gerald Blomeyer, Berlin am 14. September 2023

Kommentar zum Video von Rainer Milzkott
Nun, was Cash betrifft: Meine Güte, da hat aber jemand mit dem Bedeutungshammer ein Video geschmiedet, bei dem die Nägel am Ende natürlich unter die Haut gehen. Cash als Jesus! Auf die Idee muss man erst mal kommen. – Ok, alles vergeht, alle rechts und links des Weges sinken dahin. Aber Cash muss doch bleiben! Da kommen als Rettung vor der endgültigen Göttlichkeit die Nägel und das Kreuz. Den Klavierdeckel klappt er selbst zu… Sensationelle 222 Mio. Aufrufe!

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