Foto: Richard Baker Roshi, Berlin im Juni 1989
„Echtes Hinterfragen hat keine Methoden, kein Wissen – nur die Frage, frei und verletzlich, was tatsächlich im Inneren und Äußeren geschieht.“ – Toni Packer
„Wenn wir unseren Geist betrachten, ist er ohne Substanz. Obwohl die Substanz fehlt, ist er kein Nichts, sondern wir erkennen. Wenn wir diese Substanzlosigkeit erkennen, sprechen wir von Leerheit. … Was erkennt? Es ist unser Bewusstsein, das sich selbst erkennt.“ – Khenchen Thrangu Rinpoche
Sollen wir uns zufrieden fühlen oder zufrieden sein?
Es ist nicht schwer, zufrieden zu sein, wenn wir uns zufrieden fühlen. Es braucht aber Übung, um zufrieden zu sein, wenn wir uns unzufrieden fühlen. Wir brauchen unseren Geist aber nicht zu zwingen, das Glück zu suchen. Wir brauchen keine Probleme, die uns auffordern, etwas zu tun. Unser Geist neigt von sich aus glücklich zu sein. Ohne Mühe können wir erkennen, dass Freude unsere Natur ist. In der Meditation strengen wir uns deshalb nicht an, um glücklicher zu werden, sondern ruhen in der Wahrheit dessen, was wir sind. Wir sind zufrieden, auch wenn wir uns frustriert oder gelangweilt fühlen. Erfahrungen, die kommen und gehen, sind nicht die Realität, denn die Realität kommt und geht nicht. Wir sind das Bewusstsein, das immer da ist und die Gedanken und Gefühle erkennt. Zufriedenheit entsteht nicht durch äußere Umstände, sondern indem wir das annehmen, was ist. Indem wir ein Gleichgewicht zwischen Sein und Tun schaffen, können wir zufrieden sein, auch wenn unsere Stimmung unzufrieden ist. Unsere Quelle der Zufriedenheit wird nicht durch äußere Ereignisse gestört. Das Glück, nach dem wir suchen, ist die Grundlage dessen, was wir sind.
Fragen helfen den Geist und das Herz zu öffnen
Mein erster Zen-Lehrer, Richard Baker Roshi, ermutigte uns nachzufragen, bis wir den Kern der Angelegenheit gefunden hatten. „Wer ist dieses Selbst, das Angst hat?“ oder “Wer ist es, der sich anstrengt?“ Wir erforschen unsere Erfahrungen, und das, was wir entdecken, macht uns wacher und freier. Eine traditionelle Zen-Frage lautet: „Was ist das?“ Indem wir sie immer wieder entspannt stellen, dringen wir tiefer in die Erfahrung des gegenwärtigen Augenblicks ein. Unsere Glaubenssätze greifen nicht mehr. Wir können im Augenblick verweilen, ohne etwas zu wissen oder zu tun. Anstatt zu antworten, fragen wir weiter. Das „verbrennt“ unsere alten Ideen und Konzepte und, öffnet unser Herz und unseren Geist. Wir werden sensibler für unser Tun und achten auf die jetzigen und künftigen Auswirkungen. Der amerikanische Mönch Ṭhānissaro Bhikkhu zitiert Buddha um das, was wir als „ich“ oder „mein“ ansehen, zu hinterfragen: „Ist es beständig oder unbeständig?“ Stabiles Glück zu finden, das auf dem Körper basiert, ist unmöglich, weil es kein festes Ding, sondern ein Prozess ist. Fragen wir: „Ist es angemessen, das, was unbeständig und dem Wandel unterworfen ist, als etwas zu betrachten, das mir gehört?“ Dann öffnet sich unser Geist. Wir können allem erlauben, einfach zu sein, wie es ist, und es willkommen heißen.
Mache nichts zum Problem
In der Meditation lassen wir den Druck und die angestrengte Energie los, die wir aus Gewohnheit aufgebaut haben. Anfangs hilft es uns, unsere Konzentration zu entwickeln. Doch das macht unseren Geist nicht zufrieden. Wenn wir suchen, neigen wir dazu, endlos zu suchen. Wenn wir fragen, lassen wir los und wachsen. Wir lassen uns auf die Situation ein. Anstatt zu versuchen, zufrieden zu sein, ruhen wir in der Zufriedenheit. Dann gibt es kein Problem. Auch wenn wir in einer Gedankenschleife gefangen sind, können wir das Problem auflösen. Im Alltag können wir dann wieder Dinge als falsch oder problematisch bewerten. Um zu erkennen, wer wir wirklich sind, brauchen wir nur entspannt, das zu erkennen, was wir gerade erleben.
Nachspüren
Spüre einen Teil des Körpers, der angespannt ist. Wie fühlt sich die Spannung an? Wie ist sie beschaffen? Welche Empfindungen tauchen in ihr und um sie herum auf? Sei neugierig, frage nach: Was ist das?
Gerald Blomeyer, Berlin 14. Juni 2023