Diese Blumen sind so schön, weil sie vergänglich sind.“ – Thich Nhat Hanh

 Wabi-Sabi nährt alles, was authentisch ist, da es drei einfache Wahrheiten anerkennt: nichts bleibt, nichts ist abgeschlossen und nichts ist vollkommen.“ – Richard R. Powell

 

Die Schönheit und Freude des Augenblicks

Die japanische Philosophie Wabi-Sabi feiert die Schönheit der Dinge, die unvollkommen, unbeständig und unvollständig sind. Sie zelebriert die natürlichen Zyklen des Lebens und die einzigartige Schönheit jeder einzelnen Sache. Unser Körper und die materielle Welt sind dabei in Staub zu verfallen, aus dem sie entstanden sind. Durch Wabi Sabi lernen wir, sowohl Herrliches als auch Makel anzunehmen. Die Schönheit des Leberflecks, von Rost oder ausgefransten Rändern repräsentieren den Lauf der Zeit. „Wabi-Sabi findet die Schönheit im Unvollkommenen. Es akzeptiert den Kreislauf von Wachstum, Verfall und Tod. … Es findet Schönheit in Rissen und Spalten und all den Spuren, die Zeit, Wetter und Gebrauch hinterlassen haben,“ schreibt die amerikanische Expertin für natürliche Gesundheit und Lebensstil Robyn Griggs Lawrence. Jedes Jahr im April wird in Japan die Kirschblüte gefeiert, insbesondere die fallenden Blütenblätter. Weiche und samtige Blütenblätter segeln, wie Schneeflocken, von den Bäumen langsam herab. Ihre Schönheit entsteht im flüchtigen Prozess. Sie ist vergänglich, zerbrechlich und nur in einem Augenblick erlebbar.  Schön sind Dinge, die unvollkommen, unbeständig und unvollständig sind. 

 

Die Schönheit des Unvollkommenen

Wabi-Sabi lässt sich leicht in unser Leben integrieren. Wenn wir Zeit in der Natur verbringen, sehen wir, dass die Bäume verdreht, die Felsen verwittert, und die Blumen nicht immer perfekt sind. In dieser Unvollkommenheit liegt auch Schönheit. Gegenstände können eine Geschichte erzählen. Sie sind nicht perfekt, aber sie sind auf ihre eigene Weise schön. Das erinnert uns, dass wir alle in der Entwicklung begriffen sind und dass wir die Kraft haben, zu wachsen und uns zu verändern. Wabi-Sabi erinnert uns daran, dass das Glück nicht in materiellen Besitztümern oder im Erreichen von Perfektion liegt. Es findet sich in den einfachen Dingen des Lebens, in den alltäglichen Momenten und in den Verbindungen, die wir mit anderen eingehen. Wir verbringen Zeit mit Menschen, die wir akzeptieren, wie sie sind. Wir geben unser Bestes und akzeptieren die Ergebnisse, ganz gleich, wie sie ausfallen. 

 

Wahres Glück

Wahres Glück kann, wie die Schönheit der Kirschblüte, nur berührt werden. Nichts können wir festhalten. Erlangen wir etwas, von dem wir glauben, dass es uns glücklich macht, löst es sich irgendwann auf oder geht zu Ende. Wahres Glück hat weder eine Ursache, noch kann man es besitzen. Es ist weder mit einem äußeren noch mit einem inneren Objekt verbunden.  Im Bewusstsein sind wahres Glück und Liebe immer da, sie heißen alles willkommen. Sie kennen weder Zeit noch Probleme. Auf dieser Ebene sind Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft eins. Das hilft uns, frei von Angst zu leben und sogar frei von Angst zu sterben. Unser wahres Zuhause ist das zeitlose, grenzenlose Feld der Liebe. Wie das Wasser des Ozeans hat es weder einen Anfang noch ein Ende. Alles ist Wasser. Unser Gedanken und Gefühle sind der bewegte Teil des Bewusstseins wie die Wellen, die kommen und gehen. Nur im Denken trennen wir uns von den anderen, fühlen uns allein, obwohl wir wissen, dass wir mit allem und jedem verbunden sind.
 

Nachspüren mit einem Haiku

Eine schöne Frühlingsnachtverschwand plötzlich, während wirKirschblüten betrachteten.“ – Basho, japanischer Dichter, 17. Jahrhundert

Gerald Blomeyer, Berlin am 2. Juni 2023

 

Photo by David Brooke Martin on Unsplash

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