„Die Liebe stirbt nicht mit dem Tod. Die Liebe ist wie eine Flüssigkeit; wenn sie sich ergießt, sickert sie in das Leben anderer. Die Liebe verändert Form und Gestalt. Die Liebe dringt in alles ein. Der Tod besiegt nicht alles, die Liebe schon. Die Liebe siegt jedes Mal. Die Liebe gewinnt, indem sie den Tod überdauert. Die Liebe gewinnt, indem sie mehr liebt, wieder liebt, ohne Angst liebt.“ – Kate O’Neill
Das Dunkle willkommen heißen
Sterben ist ein natürlicher Vorgang, der uns alle trifft. Wir fürchten den Tod, die ewige Dunkelheit der Nichtexistenz. Die Ungewissheit, was danach kommt. Doch diese Furcht bilden wir uns ein. Nach dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik kann die Energie, die alles Leben antreibt, nicht zerstört werden. Sie wird umgewandelt, ob in eine Wiedergeburt bleibt offen. Unser vergänglicher Körper wird zerfallen. Selbst wenn wir alles im Leben erreichen, was wir wollen, können wir unseren Körper und Geist nicht festhalten. Der Tod begleitet uns immer. Wir können diese Einsicht nutzen, um zu begreifen, wer wir wirklich sind. Mit unserer Geburt wurden wir ein Teil der Menschheit. Das weckte die Liebe in uns, erlaubte uns das Mitgefühl kennenzulernen, das uns alle verbindet. Weil wir voneinander abhängig sind, kann der Tod uns den Weg zur Liebe und Zärtlichkeit öffnen. Indem wir die Vergänglichkeit aller Dinge willkommen heißen, wird unsere Sicht klar.
Stille ist wichtig
Anstatt ständig nach Antworten zu suchen, können wir mehr hören, wenn wir still sind. Ein einziger Augenblick wird dann zum Zustand des Seins. Wir können wir selbst sein, ohne auf unsere Wunden, Erwartungen, Geschichten und verzerrten Wahrnehmungen zu reagieren. „Unsere Handlungen beginnen auf natürliche Weise aus der Quelle der Vielfalt, in Einheit und gegenseitige Beziehungen zu sprudeln. Unser Handeln wird zum Geist der sozialen Gerechtigkeit, in dem wir alles als vielfältige Ausdrucksform der Natur erkennen,“ schreibt die amerikanische Zen-Lehrerin Earthlyn Manuel. Unsere Gesellschaft ist noch nicht bereit, den Weg der Liebe und Zärtlichkeit zu gehen und würde das Thema Tod am liebsten vermeiden. Machen wir jedoch unser Bewusstsein weit, können wir eine Partnerschaft mit dem Tod eingehen und uns vom Leiden befreien. Wir lösen das Geheimnis, indem wir das Unbekannte willkommen heißen. Mit Vertrauen können wir sogar die dunkelste Dunkelheit genießen. Laden wir das, was uns fremd war, zum Tee ein, lindert es unsere Ängste.
Der Tod ist ein Versprechen, das immer gehalten wird
Weil wir geboren wurden, werden wir auch sterben. Sehen wir einen toten Menschen, erkennen wir uns in ihm wieder. Das macht uns wacher für die Wahrheit, die unseren Ängsten zugrunde liegt. Die schweizerische Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross sagte: „Öffne dich und lass den Schmerz durch dich hindurchgehen. Du kannst ihn nicht festhalten.“ Der Tod ist immer bei uns, in jedem Augenblick, der vergeht. Er hilft uns zu entdecken, was am wichtigsten ist. Wir begreifen, dass es unsere Konzepte sind, die uns von den anderen trennen. Wir können uns jetzt fragen: Habe ich die Liebe, die ich bin, gelebt? Habe ich geliebt, als das Herz eines anderen Menschen verschlossen war? Liebe ist einfach. Sie hilft uns, uns selbst, unser Leben und die anderen Menschen so zu akzeptieren, wie sie sind.
Fragen zum Nachspüren
Wie würde die Welt aussehen, wenn du dir selbst gegenüber mitfühlender wärest?
Hast du den Mut deine Gefühle auszudrücken?
Wenn du Angst hast, weißt du, dass du Angst hast? Das erkennende Bewusstsein ist der Teil von dir, der keine Angst hat.
Gerald Blomeyer, Berlin, Ostern 2023
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