Die Welt ist schön, wenn du in Frieden mit dir bist.“ — unbekannt

Anstatt ‚lass es los‘ sollten wir eher ‚lass es sein‘ sagen. Wir akzeptieren damit, dass der Verstand nicht loslässt und das Problem vielleicht nicht verschwindet. Das ermöglicht es uns, eine gesündere Beziehung zu dem aufzubauen, was uns belastet.“ – Jon Kabat-Zinn

 

Alles willkommen heißen, nichts verdrängen

In der Meditation schaffen wir einen Raum, um zu beobachten, was geschieht. Wir werden still, spüren unseren Atem und die Füße auf dem Boden, hören Klänge, merken, wie unser Herz klopft. Wir werden langsamer und lernen, uns zu konzentrieren, indem wir unseren Geist immer wieder auf den Atem richten. Irgendwann juckt die Nase, schmerzt der Rücken, plärrt die Musik von nebenan. Wir sind abgelenkt und überzeugt davon, dass dies der Grund ist, warum wir nicht meditieren können. Wir reagieren auf die Kluft zwischen dem, wie die Dinge sind, und dem, wie wir sie gerne hätten. Anstatt die Erscheinungen nur zu beobachten, greifen wir nach ihnen, halten sie fest und kämpfen mit ihnen. Dieser Kampf bedeutet, dass wir uns mit ihnen verstricken. Das hält uns davon ab, präsent zu sein. Wir können Gedanken und Gefühle nicht anhalten, sie erscheinen natürlich. Erst wenn wir sie als unser eigenes Gewahrsein verstehen, sind sie weder von uns getrennt noch bedrohlich. Wir sind uns bewusst, wie wir die Energie des Festhaltens und Vermeidens im Strudel eigener Meinungen, Urteile und Überzeugungen erleben.

Weit werden

Wir greifen ständig nach etwas, weil wir uns entweder unzulänglich oder nicht genug fühlen. Leiden entsteht, indem wir am Vergänglichen festhalten. Es hört erst dann auf, wenn wir die Konditionierung nach dem Greifen nach etwas, was das Gefühl der Unzulänglichkeit überwinden will, erkennen. Buddha spricht davon, dass diese Muster die Wurzel der Geschichten sind, die uns beherrschen und leicht zu Albträumen werden. Er empfiehlt uns, den Geist zu schulen, um still inmitten dieser aufkommenden Muster zu verweilen. Wer sein Verlangen, seine Abneigung, Sorgen und Zweifel erkennt, lässt sich weder ablenken noch in Gewohnheiten verstricken. Ohne diese Geschichten zu nähren, verlieren sie ihre Macht. Indem wir weit werden, können wir die Erscheinungen so sehen, wie sie sind – fließend, vergänglich und unbegrenzt. Dann können wir auch unser Selbst als Prozess verstehen. Ein ruhiger, ausgeglichener Geist entwurzelt unser Greifen zwar nicht, aber nimmt den Gewohnheiten und Geschichten den Halt.

Wir fürchten nicht das, das wir wirklich verstehen

Der innere Kritiker erzählt uns ständig Geschichten, dass wir unwürdig oder unzulänglich sind. Die verurteilende Stimme erstickt unsere Freundlichkeit und verwundet unsere Herzen. Indem wir achtsam sind, können wir jeden Augenblick zärtlich, warm und interessiert erleben. Wir entdecken, dass wir nichts hassen oder fürchten müssen, was wir wirklich verstehen. Wir verlieren unser Mitgefühl und unsere Freiheit, indem wir den Augenblick kritisieren und nicht weil wir von den Widrigkeiten, die uns begegnen, behindert werden. Die Meditation hilft uns das zu entdecken, was wahr ist. Unsere Fähigkeit, achtsam und präsent zu sein, erlaubt uns den inneren Kritiker zu verstehen und zu entmachten. Das ermutigt uns, unser Herz zu öffnen, um mitfühlend und in Frieden zu leben. Festhalten und loslassen sind interdependent. Weisheit ist mit Unwissenheit, Licht mit Schatten intim verbunden. Uns zu konzentrieren oder zu entspannen sind also nicht die Ziele der Meditation, sondern eine Folge davon.

Übung 1: Alles willkommen heißen
Spüre den Atem und den Körper.
Spüre die Empfindungen im Körper: Druck, Bewegung, Kribbeln, das Gefühl der Luft auf der Haut.
Lass die Vorstellung von Armen, Beinen und Körper los. Sei dir bewusst, dass alles im Gewahrsein erscheint und vergeht. Sei dir bewusst, dass alles, dem wir Raum geben, sich bewegen kann.
Erlaube allen Gedanken, Empfindungen, Gefühlen wie Wolken am Himmel aufzusteigen.
Richte deine Aufmerksamkeit auf das Gewahrsein selbst.

Übung 2: Einlassen

Schließe die Augen für drei Sekunden – wo auch immer du bist.
Denke an die Person, die du am meisten liebst auf der Welt.
Hast du sie?
Erinnere dich an das letzte Mal, als du sie laut zum Lachen gebracht hast.
Eins, zwei, drei.

„Hat dir das ein Lächeln ins Gesicht gezaubert?“, fragt Dr. Stephanie Cacioppo, Neurowissenschaftlerin an der Universität von Chicago.

Gerald Blomeyer, Berlin, 22. Februar 2023

 

Photo by Simon Berger on Unsplash

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