Terry Swartzberg und Gerald sind in Nepal von Pokhara bis Muktinath auf 3800 m hinauf geradelt

 

Gelassenheit ist eine Absicht. Wollen wir die Menschen mit mehr Angst anstecken oder uns selbst und die Menschen um uns herum mit Ruhe heilen?“ – Brené Brown, Atlas of the Heart

Woher kommen denn Burnout und Depressionen? Aus dem Gefühl heraus, dass man immer schneller laufen muss, ohne irgendwo hinzukommen. Dass wir uns steigern müssen, ohne uns verbessern zu können.“ – Hartmut Rosa, „Die eingesparte Zeit ist im Eimer

 

Den eigenen Geist befreunden

In Pokhara, Nepal, fuhr ich oft mit dem Rad vom Buddhistischen Zentrum bergauf in die Stadt, um frischen Obstsaft zu trinken. Ich fuhr gerne schnell. Immer wieder wurde ich von Autos überholt, die dann direkt vor mir hielten. Das ärgerte mich. Nach einiger Zeit, erkannte ich, dass ich entspannter war, wenn ich alles gelassen annahm –  „Go with the flow“. Schon der römische Kaiser Marcus Aurelius soll empfohlen haben, den Drang loszulassen, alle Aspekte unseres Lebens zu kontrollieren. Wir können äußere Ereignisse nicht kontrollieren, nur die Art, wie wir auf sie reagieren. Wer die Dinge absichtlich geschehen lässt, anstatt ein Ziel zu erreichen, lebt leichter. Wer eilt, handelt zielgerichtet, nicht prozessorientiert. Wenn wir etwas beabsichtigen, sind wir flexibel, wenn wir etwas wollen, starr. Im Leben brauchen wir beides.

 

Anspannen, um zu entspannen

Unsere körperliche Haltung und Bewegungen spiegeln unsere Gefühle, Gedanken und den Geisteszustand wider. Der amerikanischen Arzt Edmund Jacobson erkannte, dass die geistige Gelassenheit der körperlichen Entspannung folgt. 1908 stellte er die Progressive Muskelentspannung (PME) an der Harvard-Universität vor. Er verwendete das Wort „entspannen“ im Sinne von „weniger angespannt, ängstlich oder gestresst werden, sich beruhigen“. Bei PME spannen wir jeden Muskel langsam an und entspannen ihn. Indem wir körperliche Spannungen abbauen, lindern wir Stress, Schlafstörungen und Ängste und steigern unsere Konzentration und unser Selbstwertgefühl. In der Meditation gilt, dass ein entspannter Körper es leichter findet, den Geist zu beruhigen und sich auf den gegenwärtigen Moment zu einzulassen. Das trägt dazu bei, Ablenkungen abzubauen, die die Meditation beeinträchtigen können. Im tibetischen Buddhismus machen anspruchsvolle Yoga-Übungen und Atemtechniken den Körper flexibel und stark. Sie sind die Voraussetzung, damit die Lebensenergie frei fließt und sich unser Geist auf das nicht-duale, reine Licht des Bewusstseins, einlassen kann. Jedes Streben schließt das Erreichen aus, und erst wenn wir in ungezwungener Spontanität verharren, können Meditation und Nicht-Meditation zu einem vollendeten Gewahrsein, frei von allem Greifen, zusammenwachsen. 

 

Gleichmut, die Basis der Achtsamkeit

Erleben wir den Augenblick ohne ihn festzuhalten oder abzulehnen, sind wir offen und entspannt. Wenn Geist und Körper wach, achtsam und reaktionsfähig sind, können wir aus unseren tiefen inneren Werten leben. Wer denkt, nicht genug Zeit zu haben und glaubt, dass die Uhr immer schneller läuft, rast durch sein Leben. Das stresst und erschwert, uns gute Prioritäten zu setzen. Unsere Energie fließt in unsere Gedanken und Gefühle, eben in das, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten. Dabei ist der wichtigste Freund unser Geist. Denn wenn wir uns selber nicht annehmen, wollen wir von außen bestätigt werden. Fühlen wir uns innerlich unruhig, rastlos und voller Verlangen, ist es natürlich, dass wir uns beeilen müssen. Nur im Gleichmut können wir den Fokus weiten, innehalten, zufrieden sein, ohne einen festen Plan zu haben. Im Tun-Modus leben wir im Kopf, im Sein erleben wir den Augenblick. Am Montag werden wir die Meditation Tun und Sein im Gleichgewicht üben. (für iPhone auf podcast.de)

 

Fragen zum Nachspüren

Innehalten – Wie geht es mir jetzt – geistig, emotional, körperlich?

Intention – Wofür investiere ich meine Energie? Was will ich vom Tag, vom Leben?

Wie nähre ich die Freude auf meinem Weg?

 

Gerald Blomeyer, Berlin am 31. Januar 2023

 

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