„Der kreative Geist … ist immer offen dafür, Neues zu lernen, neue Unterschiede und neue Ähnlichkeiten wahrzunehmen, die zu neuen Ordnungen und Strukturen führen, anstatt altbekannte … zu wiederholen.“ – David Bohm, Physiker

Je klarer ich weiß, was ich will, desto weniger beeinflussbar bin ich.“ – Monika Imschloß

 
 
Gute Reise

Meine Frau war gestorben, meine Firma aufgelöst und ich hatte keine Ahnung, wer ich war oder wie ich mich verändern wollte. Ohne festes Ziel und ohne den Druck mich anzupassen, entschied ich jeden Tag neu. Eines Tages beschloss ich, nach Indien zu gehen. Acht Jahre lang lebte ich dort und in Nepal. Anfangs war ich noch der alte Experte, doch in diesen anderen Kulturen galten meine alten Regeln nicht viel. Mein Leben war nicht vorhersehbar. Wollte ich Geschäftsmann oder Mönch sein, oder etwas dazwischen? Das machte es leichter, den gegenwärtigen Augenblick auszukosten. Ich erlaubte mir, innezuhalten, um die Gerüche, Formen und Farben wahrzunehmen, die Geschmäcker zu genießen und mich auf immer wieder neue und überraschende Eindrücke einzulassen. Unterwegs zu sein bedeutet nicht anzukommen, sondern das zu schätzen, was da ist, und zu vertrauen, dass jede Herausforderung irgendwann vorübergeht. Immer wieder neu, wurde ich aus meiner Komfortzone geworfen und immer wieder hörte ich: „Du bist so deutsch.“ Meine Denkmuster saßen tief.

 
Kreativ sein

Um weiter zu gehen, lassen wir alte Bedingungen los und akzeptieren neue. Es ist ein kreativer Zustand, sich dem natürlichen Fluss des Lebens zu öffnen. Wir lernen weder etwas zu erwarten noch zu fürchten. Unser Geist wird weit. Anstatt Hindernisse aus dem Weg zu räumen, machen wir uns mit dem vertraut, was sich öffnet. Die Augenblicke, die wir in diesem offenen Zustand verbringen, unterstützen uns, im Fluss zu bleiben. Wir erleben uns dabei gleichzeitig spontan, freudig und friedlich, haben Spaß daran, einfach das zu tun, was wir gerade tun. Indem wir loslassen, können wir in der Offenheit „marinieren“, und mit ihr tief vertraut werden. Wir erkennen, dass wir jetzt schon vollständig sind und, dass unser wahres Wesen durch keine Kraft oder Absicht verändert werden muss.

 
Erfüllung ist unser Potenzial

Neuen beruflichen, persönlichen oder spirituellen Zielen stehen immer Hindernisse im Weg. Sie laden uns ein, uns zu verändern. Doch das fällt uns schwer, wenn wir glauben, noch derselbe alte Mensch zu sein. Denken wir negativ über uns, fällt es uns noch schwerer, Lösungen zu finden. Erst wenn wir aufhören selbstkritisch zu sein und unsere festen Vorstellungen loslassen, können wir uns auf den weiten, offenen Raum des Bewusstseins einlassen. Sobald wir uns nicht länger unzulänglich fühlen oder uns ärgern, kann die Liebe spontan erscheinen. Dann sind wir mit unserem wahren Selbst verbunden und fühlen uns vollständig. Die amerikanische Autorin Elizabeth Gilbert nennt diese Geisteshaltung „einen Zustand des ununterbrochenen Staunens“. Jede Öffnung geht einher mit einem Gefühl des Friedens, und im Bewusstsein manifestieren sich positive Qualitäten ganz natürlich. Spüren wir Freude, erlauben wir uns, sie im ganzen Körper spüren. Erfüllt zu sein ist nicht zielgerichtet, sondern ein Zustand sich mit dem eigenen Wesen zu verbinden. Von hier aus fließt die Kreativität uneingeschränkt und spontan.

 

Gerald Blomeyer, Berlin, 26. Dezember 2022

 

Chai – Photo by Swastik Arora on Unsplash

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