„Wir befinden uns im freien Fall in die Zukunft. Wir wissen nicht, wohin wir gehen. Die Dinge ändern sich so schnell, und immer, wenn wir durch einen langen Tunnel gehen, kommt die Angst dazu. Alles, was wir tun müssen, um unsere Hölle in ein Paradies zu verwandeln, ist, unseren Sturz in eine freiwillige Handlung zu verwandeln. Das ist ein sehr interessanter Perspektivwechsel, und das ist alles, was es ist. Nehmen wir freudig unsere Sorgen an, verändert sich alles.“ – Joseph Campbell, Sukhavati
Auch Leiden gehört zum Lieben
Um nicht zu leiden, ziehen wir uns zurück. Unser innerer Kritiker will uns schützen, er drängt uns Leid zu vermeiden. Das ist paradox, da wir uns nach Nähe sehnen. Doch ist unser Wohlbefinden wirklich bedroht? Um das herauszufinden, können wir die Situation achtsam, neugierig und ohne zu urteilen, beobachten. Wir nutzen den Atem, um uns auf die Gegenwart einzulassen. Verlangsamt sich der Atem, können wir die Pausen zwischen jedem Ein- und Ausatmen beobachten. Das beruhigt. Fühlen wir uns sicher genug, können wir uns auch in stressigen Situationen, entspannen. Dann können wir mit unserem Leiden und dem Leiden in der Welt in Verbindung treten.
„Schmerz ist unvermeidlich, Leiden optional.“ – Sprichwort
Sind wir mit akutem Leid konfrontiert, wenden wir uns von denen, die dieses Leid verursacht haben, enttäuscht ab. Das ist verständlich. Doch wenn wir enttäuscht sind, fühlen wir uns unzulänglich, wütend auf die „Täter“ und alleingelassen. Wir sind verletzt und wollen vom Leiden wegschauen. Es braucht Zeit, um bewusst zu trauern und unser zartes Herz zu spüren, das sich nach Liebe und Fürsorge sehnt. Lieben ist nie sicher. Versuchen wir sie sicher zu machen, ist sie keine Liebe mehr. Zu lieben, bedeutet uns immer wieder zu öffnen und uns nicht länger schützen zu wollen. Die amerikanische buddhistische Nonne Pema Chödrön meint „Fühle die Gefühle. Lass die Geschichte los.“ Wenden wir uns dem zu, was wir fühlen, erleben wir das, was da ist. Ohne uns zu entschuldigen oder jemanden zu beschuldigen, erlauben wir unseren Gefühlen so zu sein, wie sie sind. Indem wir unsere Beziehung zum Schmerz ändern, nimmt das körperliche Unbehagen ab und wir können Gleichmut und klares Verstehen kultivieren.
Wir sind nicht der Schmerz, wir sind uns des Schmerzes bewusst
Wir sehen den Schmerz, als Empfindung und wissen, dass er nicht angenehm ist. Wenn wir die Gefühle und Geschichten, die damit einhergehen, erkennen, können wir uns fragen: Wer leidet? Wer hat Schmerzen? Anstatt nach Antworten zu suchen, öffnen wir uns, und lassen uns in das Nicht-Wissen fallen. In der Meditation schauen wir so tief in die Natur des Schmerzes hinein. Indem wir ihm mit Weisheit und Mitgefühl begegnen, können wir ihn nutzen, um zu wachsen. Das macht uns frei, mitten im Elend, ein reiches und befriedigendes Leben zu führen. Wir begegnen den Gefühlen, der Enttäuschung und Wut, mit liebender Güte. Wir senden Mitgefühl erst an uns und dann an diejenigen, die uns am Herzen liegen. Danach weiten wir diese Energie auf alle Wesen aus. Mitfühlen hilft uns, Gleichmut zu entwickeln, und uns als einen Teil des Ganzen zu empfinden. Weniger allein und weniger enttäuscht, können wir Vertrauen fassen und unserem Leben mit Zuversicht begegnen. Am Montag werden wir die Meditation „Einlassen – der Schlüssel zum Glück“ üben. (Spotify)
Gerald Blomeyer, Berlin am 14. November 2022