Wenn wir die Art und Weise ändern, wie wir die Dinge betrachten, ändern sich die Dinge, die wir betrachten.“ — Max Planck

Am Anfang mag es schwierig sein, mit einem Bereich, der lange durch den Panzer unserer Abneigungen isoliert war, in Kontakt zu kommen. Wir nähern uns dem Schmerz deshalb Schritt für Schritt.“ – Steven Levine

 

Das Gleichnis von zwei Pfeilen

Körperlicher Schmerz, lehrte Buddha, ist wie von einem Pfeil getroffen zu werden. Wenn wir Schmerzen empfinden, ärgern wir uns darüber. So fügen wir weiteres emotionales Leiden hinzu, als ob wir von einem zweiten Pfeil getroffen wurden. Der Gedanke „Ich kann das nicht ertragen“ belastet das Erlebnis. Das lässt uns leiden. Körperlicher Schmerz setzt sich also aus der Empfindung selbst und seiner Ablehnung zusammen. Der zweite Pfeil kann sich erst auflösen, wenn wir den ersten akzeptieren. Wir fühlen uns erleichtert, indem wir erkennen, dass es sich nur um Gedanken und Bewertungen handelt. Wenn wir das Leiden als Teil unseres Weges annehmen, können wir erkennen, dass Schmerz selbst eine Qualität des Bewusstseins hat und sich manchmal sogar gut anfühlen kann.

Mit Achtsamkeit den Schmerz lindern

Wir empfinden es als „ungerecht“, unter chronischen Schmerzen zu leiden. Unsere Reaktion auf Angst und unsere Reaktion auf Schmerz überschneiden sich im Gehirn und bereiten den Körper auf die Flucht vor. Wir spannen unsere Muskeln an, um schnell zu fliehen. Bleiben aber unsere Muskeln lange angespannt, schmerzt das zusätzlich. Wir werden ängstlich und spannen unsere Muskeln weiter an. Schmerzen sind ein Alarmsignal. Wenn wir uns über sie aufregen, werden sie schlimmer. Wenn wir jedoch achtsam unsere Gedanken und Urteile, die auftauchen, erkennen, können wir sie loslassen. Wer Schmerz ohne Angst erlebt, leidet nicht. Dies ist die physiologische Grundlage der achtsamkeitsbasierten Stressreduzierung (MBSR), das von Jon Kabat-Zinn, einem emeritierten Professor der University of Massachusetts Medical School, entwickelt wurde. MBSR wird heute weltweit angeboten. Dabei wird das Schmerzempfinden und die emotionale Reaktion darauf, achtsam entkoppelt. Der Schmerz kann sich durch Konzentration in Energie auflösen, die manche euphorisch macht.

Der Geist überwindet den Rückenschmerz

Ronald Siegel ist Psychologe an der klinischen Fakultät der Harvard Medical School. Seine Forschungen zeigen, dass chronische Rückenschmerzen meist durch verspannte Muskeln verursacht werden. „Sobald wir ein Schmerzgefühl verspüren, von dem wir befürchten, dass es auf eine Verletzung zurückzuführen ist, lenken wir unsere gesamte Aufmerksamkeit darauf. Allein dadurch, dass wir dem Schmerz unsere ängstliche Aufmerksamkeit schenken, verstärkt sich unser Schmerzempfinden“, sagt Siegel. Wenn wir nur den aktuellen Schmerz fühlen, hören wir auf, uns zu verkrampfen. Dann können wir uns weiter entspannen, unsere besorgten Gedanken und Gefühle, die kommen und gehen, beobachten. Siegel empfiehlt als Technik die kognitive Verhaltenstherapie (CBT), damit wir die negativen Gedanken unseres Zustands erst erkennen, um sie dann durch realistischere zu ersetzen. Sowohl MBSR und CBT helfen uns, zu sehen, wie ängstliche oder wütende Gedanken und Gefühle dazu führen, dass Angst und Stress stärker werden, und die meisten chronischen Rückenschmerzen verursachen. Siegel meint auch, dass körperlicher oder sexueller Missbrauch in der Kindheit, oder schmerzhafte Verluste und Unzufriedenheit im Beruf, Risikofaktoren für Rückenschmerzen sind.

Den Schmerz willkommen heißen

Auch wenn wir schon oft Schmerzen erlebt haben, wissen wir nicht wirklich, was Schmerz ist. Am meisten leiden wir am Widerstand gegen den Schmerz selbst. Anstatt ihn abzulehnen, können wir ihm bewusst und mitfühlend begegnen. Wir schicken Liebe dorthin, wo die Angst ist und spüren, wie sich der Bereich entspannt und weitet. Wir öffnen den Schraubstock des Widerstands, und lassen uns auf den Augenblick ein. Wir tragen aktiv zu unserer Heilung bei, wo wir bisher glaubten, den Schmerz ertragen zu müssen. Wir lassen unsere Zweifel los, lösen den Widerstand gegen den Schmerz, empfinden ihn mit Liebe und lassen ihn weich werden. Mit Geduld entsteht eine sich allmählich ausdehnende Räumlichkeit, in der sich der Schmerz auflösen kann. Am Montag werden wir mit einer Meditation von Stephen Levine den Schmerz auflösen. (Spotify)

Gerald Blomeyer, Berlin 12.10.2022

 

Anmerkung zur Virtuellen Realität (VR)
In den USA kann VR als Psychische Therapie verschrieben werden.
Eine effektive VR-Schmerztherapie ist bei Verbrennungen Snowworld.

Photo by Joyce McCown on Unsplash

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