„Ein offenes Herz bedeutet nicht, dass wir passiv sind oder zulassen müssen, dass andere uns missbrauchen. Mitgefühl erlaubt es uns, diesem Leiden, sei es in uns selbst oder in anderen, ohne Angst zu begegnen. Das bedeutet, zu lernen, mit Mitgefühl für alle Lebewesen zu leben, ohne Ausnahme. – Sharon Salzberg (gekürzt)

„Wie würdest du handeln, wenn du frei von Angst und Scham wärst?“ – John Prendergast, Psychotherapeut

„Es ist Zeit, Probleme in Abenteuer zu verwandeln.“ – Hedy Schleifer


Lieben
Von jemandem verlassen zu werden, der für uns etwas Besonderes ist, tut weh. Den Schmerz und die Enttäuschung eines gebrochenen Herzens wollen wir unter allen Umständen vermeiden. Als Student ging ich eine Beziehung ein, in der ich – aus Angst verlassen zu werden – aufs Ganze ging. Mein Ziel war es, die Frau glücklich zu machen. Mein „innerer Kritiker“ sagte mir: „Stell deine eigenen Wünsche und Bedürfnisse zurück! Die Beziehung ist wichtiger.“ Ich gab viel und nahm wenig. Rückblickend kann ich sehen, wie anhänglich und kompromissbereit ich war. Ich war unsicher, was die andere Person wirklich fühlte, spürte in mir einen Mangel und wollte ein besseres Ich sein. Das ging natürlich daneben. Über die Jahrzehnte lernte ich, meine Aufmerksamkeit vom Kopf ins Herz zu verlagern. Seit ich den subtilen Strom der Lebenskraft in meinem Körper spüre, fühle ich mich vollständig und in mir zuhause. Es ist wie die Welle, die im Ozean verschmilzt, sich als Teil des Ganzen zu erleben und dann die anderen Wellen zu erkennen. Im bloßen Sein ist alles in Ordnung. In der Verbundenheit erleben wir uns selbst als die Liebe.

Selbstfürsorge
Aus Angst vor Schmerzen wollen wir manchmal unser Herz mit einer Mauer schützen. Doch das verschließt das Herz und blockiert die Liebe. Wer Liebe, Fülle oder Beziehungen sucht, muss der Angst mit einem offenen Herzen begegnen. Wer umsorgt werden will, ist meist bereit, persönliche Verantwortung aufzugeben und sich den Wünschen anderer anzupassen. Doch wer sich anpasst, wird ein Leben lang auf Eierschalen laufen und schlechtes Verhalten in Kauf nehmen müssen. Belastbare Beziehungen brauchen hingegen Augenhöhe, denn unser Wesen liegt in der Verbindung. „Wir sind voneinander abhängig. Das höchste Ziel ist es, zu lernen, sowohl unabhängig als auch abhängig zu sein,“ sagte die Psychologin und Paartherapeutin Hedy Schleifer. Weil kein Partner für unsere Gefühle verantwortlich sein kann, ist unser Selbstwertgefühl wichtig. Anstatt sich mit den Gedanken und Gefühlen zu identifizieren, fühlen wir vom Herzen aus und lernen, uns für die universelle Energie und Führung zu öffnen. Uns als Teil eines Ganzen zu sehen, bedeutet, dass wir weder allein noch unerwünscht sein können. Wir erleben tiefe Intimität und fühlen uns in Beziehungen ruhig und frei. Wenn uns etwas triggert, ist es wichtig, diese Gefühle auf ihren Ursprung in der Vergangenheit zurückführen und sie von aktuellen Erfahrungen zu unterscheiden. Es erfordert Mut, zu erkennen, was uns verletzt hat. Die Erkenntnis unserer frühen Emotionen ist ein Schlüssel zu stärkerem Selbstwertgefühl und gesünderen Beziehungen. Wenn wir uns entspannen und Mitgefühl üben, geben wir dem Schmerz Raum und können ihn als Energie gehen lassen.

Mitgefühl
Im Buddhismus entsteht Mitgefühl, wenn wir uns als Teil eines größeren Ganzen verstehen. Wir sind von diesem Ganzen abhängig und mit ihm verbunden. Wir erkennen, dass bei den Schmerzen eines Menschen viele Faktoren im Spiel sind, die außerhalb unserer Kontrolle liegen. Wir wissen, dass wir nicht einfach eine andere Person glücklich oder schmerzfrei machen können. Das erfordert die Fähigkeit, den anderen in der Tiefe zu sehen, um wahres Leiden und Not zu erkennen. Wenn Liebe mit Verlangen gepaart ist, führt das zwangsläufig zum Leiden. Diese Sehnsucht entsteht aus dem Wunsch, sich an andere zu binden, um uns sicher und zugehörig zu fühlen. Der Buddhismus versteht lieben als offen und furchtlos. Wahres Mitgefühl und Liebe werden ohne Bedingungen angeboten und empfangen. Die höchste Motivation ist der Wunsch, dass alle fühlenden Wesen frei von Leiden sind. Um echtes Mitgefühl zu entwickeln, müssen wir anerkennen, dass wir selbst leiden. Dieses Leiden kann erst beendet werden, wenn alle anderen Wesen auch vom Leiden befreit werden. Als einen ersten Schritt können wir damit beginnen, einander besser zuzuhören und mit mehr Ehrlichkeit und Mitgefühl zu reagieren. Am Montag werden wir uns auf die Liebe einlassen.

Gerald Blomeyer, Berlin, 7. Juni 2022

Selbstmitgefühl Beziehung
von John J. Prendergast, The Deep Heart
Ich schätze es, dass du mich wertschätzt und liebst … und ich weiß, dass ich es wert bin, geschätzt und geliebt zu werden, so wie ich bin.
Ich genieße es, von dir gesehen und gehört zu werden … und ich bin in der Lage, mich selbst zu sehen und zu hören.
Ich liebe es, dass du hier bei mir bist … und ich fühle mich nicht verlassen, wenn du gehst.
Ich genieße es, allein zu sein … und ich liebe es, wenn du in meiner Nähe bist.
Ich liebe es, gehalten zu werden … und ich bin in der Lage, mich und dich zu halten.

Foto: Heidi Scherm

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