2013 Lama Zopa Rinpoche zu Besuch im Buddhist Centre, Pokhara, Nepal. Dort war ich 2 1/2 Jahre tätig.

Mut bedeutet weder frei von Angst noch frei von Zweifeln zu sein. Es bedeutet, dass man bereit ist, im Angesicht der Angst, im Angesicht des Zweifels zu handeln.“ – Joseph Goldstein

Von 2006 bis 2014 war ich in Indien und Nepal unterwegs, um mich besser kennenzulernen. Klingt romantisch, war aber eine harte Zeit. Um durchzuhalten, entschied ich mich, die Anstrengungen freudig und mit Neugier zu begrüßen. Der Buddhismus schlägt vor, unsere Herzen weit zu öffnen, wenn es nicht weiter zu gehen scheint. In Momenten des Kummers können wir uns besser öffnen, weil wir gleichzeitig verletzlich und sensibel sind. Die tibetischen Lamas waren mein Vorbild. Sie sind glückliche Menschen obwohl sie Flüchtlinge sind. Für sie ist es eine Freude, zum Wohle anderer zu arbeiten und Einsicht in das zu schaffen, was wirklich ist.

Wer glücklich ist, kann mit Leiden umgehen

Wir leiden weniger, wenn wir das, was ist, annehmen. Wenn wir sehen, wie unser Leiden entsteht, können wir es in Mitgefühl und Freude für uns und andere umwandeln. Glück und Leiden sind zwei Seiten einer Medaille. Menschen, die mal unsere Freunde waren, könnten unsere Feinde sein – und umgekehrt. Auch wenn das für uns dramatisch ist, kann es uns stärken. Denn es regt uns an, allen Schwierigkeiten mit einem offenen Herzen zu begegnen.

Gib niemals auf!

Mit freudiger Anstrengung können wir jedes Ziel erreichen. Das, was wir noch nicht erreicht haben, erfordert zwangsläufig Anstrengung. Alte Gewohnheiten lassen sich nun mal schwer ablegen. Unsere „Faulheit“ sagt: „Ich habe keine Lust, das jetzt zu tun. Das mache ich morgen.“ Unsere Komfortzone ist uns dann wichtiger als unsere Prioritäten. Wir fantasieren, was wir gerne erreichen würden, und sehnen uns danach, uns weiterzuentwickeln. Dabei bleiben wir zwischen Wunsch und Wirklichkeit stecken, denn unsere Vision ließe sich nur mit disziplinierter, harter Arbeit erreichen. Anstrengung schenkt uns Mut, Begeisterung und Freude, um unserer Ziele zu erreichen.

Wir brauchen Leid, um Glück zu ermöglichen

Glück und Leiden sind untrennbar. Um unser Leben zu genießen, müssen wir erkennen, dass beide immer vorhanden und nicht zwei getrennte Dinge sind. Es mag Dinge geben, unter denen wir leiden, etwa zu laute Musik – andere Menschen begeistern sich dafür. Der Regentag, der unser Picknick zunichte macht, ist ein Segen für den Bauern, dessen Feld verdorrt ist. Kurz: es gibt Dinge, die uns Freude bereiten, andere Menschen aber ärgern.

Der vietnamesische Zenmeister Thich Nath Hanh (1926-2022) schrieb: „Glück ist jetzt, heute, möglich – aber niemals ohne Leid. Manche Menschen denken, dass sie alles Leid vermeiden müssen, um glücklich zu sein, und sind deshalb ständig wachsam und sorgen sich ständig. Das führt dazu, dass sie all ihre Spontaneität, Freiheit und Freude opfern. Doch erst wenn sie ihren Schmerz erkennen und akzeptieren können, ohne davor wegzulaufen, können sie entdecken, dass es zwar Schmerz gibt, aber gleichzeitig auch Freude vorhanden sein kann.“ Glück und Leid sind vergänglich. Alles Glück kann zu Leid, alles Leid wieder zu Glück werden. Um gut zu leiden und glücklich zu sein, ist es wichtig zu erkennen, was passiert.

Wo ist die Liebe, wenn wir sie nicht fühlen?

Wer sich von Verzweiflung überwältigen lässt und sich als Opfer fühlt, sieht überall nur Leid. Doch alles ist vergänglich. Wenn wir verstehen, dass der Krieg eines Tages enden wird, haben wir den Mut, für den Frieden zu arbeiten. Wer sein Leiden gut nutzt, kann glücklich sein. Aber je ängstlicher und vorsichtiger wir werden, desto mehr ziehen wir das Unglück an. Dramen und Ungewissheit gehören zu unserem Leben. Erst wenn wir uns mit der grenzenlosen Liebe verbinden, erleben wir Gleichmut und Frieden. Wenn wir den Umständen mit Mitgefühl und freudiger Anstrengung begegnen, können wir – unabhängig vom Verhalten anderer – uns sicher fühlen. Indem wir lernen, unser Herz offen zu halten, können wir erleben, dass alle Wesen eins mit uns sind. Am Montag werden wir üben, mutig zu sein.

Gerald Blomeyer, Berlin am 22.02.2022

 

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