„Träume sind wahr, solange wir sie träumen, und leben wir nicht immer im Traum?” – Alfred Lord Tennyson
„Denken ist die Arbeit des Intellekts, Träumen sein Vergnügen.” – Victor Hugo
„Mythen sind öffentliche Träume, Träume sind private Mythen“ – Joseph Campbell

Träume können uns helfen zu verstehen, was uns wichtig ist, sie können uns einen Weg weisen. Ob als lustiges Abenteuer oder beängstigender Albtraum – meist steckt eine tiefere Bedeutung in ihnen. Mit der richtigen Absicht können wir uns an unsere Träume erinnern und deren Weisheit erkennen. „Gedeutet ist jeder Traum eine Offenbarung,“ meinte die deutsche Sozialpädagogin Helga Schäferling.

Tagträume – Nachtgedanken

Beim Tagträumen lassen wir unseren Gedanken frei laufen, denken locker über unsere nächsten Schritte nach. Jemand, der vor sich hin träumt, erkennen wir an den glasigen Augen, der schlaffen Unterlippe und den weichen Händen. Die Konzentration ist nicht im Körper. Die Realität wird durch eine vorübergehende Vision oder Fantasie ersetzt. Es klingt paradox, aber dieser dissoziative Zustand, bei dem unsere Gedanken herum schweifen, kann uns helfen, Probleme zu lösen. Physiologisch gesehen befinden wir uns beim Tagträumen in einem Zwischenzustand, in dem die Gedanken klar und ohne Symbolik sind. (Es gibt daneben auch das „maladaptive Tagträumen“, wo Menschen sich zwanghaft der Realität entziehen.)

Die Grenze zwischen Wachen und Träumen ist durchlässig, vergleichbar mit der Schnittstelle zwischen Erinnerung und Vorstellung. Wenn wir im Schlaf träumen, identifizieren wir uns mit dem Traum und glauben, dass unsere Erfahrung real ist. Wenn wir aufwachen, stellen wir fest, dass es nur ein Traum war. Indem wir den Übergang erkennen, lernen wir diese Zustände zu unterscheiden. Im Klartraum sind wir bewusst, dass wir träumen.

Buddha hatte die Einsicht, dass alle Phänomene letztlich illusorisch sind, und bezeichnete unser Leben im Wachzustand als Traum. Wir können uns der Klarheit des Geistes sowohl am Tag als auch in der Nacht bewusst sein. Die luziden Erfahrungen helfen uns dabei, das Illusorische zu erkennen, das wir für real halten. Wenn wir das klare Licht in allen Erfahrungen erleben, erkennen wir die volle Kraft des Geistes. Wenn wir im Traum erkennen, dass wir träumen, erleben wir die Phänomene als Prozess. Wenn etwas nicht mehr so fest erscheint, greifen wir weniger danach und nehmen es nicht mehr so wichtig. Wer luzide träumt, ist in der Lage, den Traum absichtlich so zu verändern, dass er unseren Wünschen entspricht.

Der Traumkörper

Wenn wir träumen, ist es offensichtlich, dass es nicht unser physischer Körper ist, der das Traumleben erlebt. Die Sinne sind inaktiv und folglich machen wir alle Erfahrungen in einem subtilen Körper. Das geistige Oberhaupt der Tibeter, der Dalai Lama sagt dazu: „In diesem Zustand wird der ‚besondere Traumkörper‘ aus dem Geist und der Lebensenergie (Prana) im Körper geschaffen. Dieser besondere Traumkörper ist in der Lage, sich vollständig vom grob-stofflichen physischen Körper zu lösen und an einen anderen Ort zu reisen.“

Um sich klar an den Inhalt der Träume zu erinnern, hilft es vor dem Einschlafen, über das klare Licht des Bewusstseins zu meditieren. Wir entspannen uns vollständig und alles darf ohne Mühe geschehen. In diesem weiten, offenen Zustand nehmen wir uns vor, bewusst zu träumen. Die Praktiken der Nacht und des Tages können dann zusammen wirken. „Willst du deinen Traum verwirklichen, dann erwache,“ empfahl Rudyard Kipling, Nobelpreisträger für Literatur 1907. Denn erst, wenn ein Traum auf der Erde gelebt wird, manifestiert er seine Kraft. In der Meditation am Montag werden wir das Bewusstsein als Weite Stille erleben.

Mehr in der Podcast Traum- und Schlafyoga.

Gerald Blomeyer, Berlin 18. November 2021

Image by Comfreak from Pixabay

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