Ein Interview geführt von Teresa Schomburg
Berliner Morgenpost und Hamburger Abendblatt
Ausgabe 13. November 2021
1) Warum ist Achtsamkeit am Arbeitsplatz sinnvoll?
Achtsamkeit ist bei der Arbeit eingeführt worden als Stress-Bewältigungstechnik. Die Hauptsache ist dabei: Wie komme ich aus der Gedankenspirale heraus, die mich wegträgt, wie lerne ich zu entspannen und zu fokussieren. Arbeitgeber sagten sich: „Wenn meine Leute sich besser konzentrieren, machen sie weniger Fehler, das ist ausgezeichnet.“ Aber inzwischen ist man auch im Bereich Mitgefühl viel weiter gekommen, denn die Leute müssen sich ja miteinander verstehen. Daher wird das Thema Achtsamkeit auch auf Teambildung ausgeweitet.
2) Wie setze ich Achtsamkeitsübungen um, vor allem unter Zeitdruck?
Die Zeit, die ich nicht effektiv nutze, weil ich sie in Gedankenspiralen verbringe, ist sinnlose Zeit. Jeder muss Pausen machen,die Frage ist, wie ich sie mache. Ich kann mich weiter verrückt machen, oder ich kann mir sagen: „Ich steig erst mal aus, komme zu mir und spüre meinen Atem im Bauch“. In Situationen, wo keine Zeit da ist, lassen sich Achtsamkeitsübungen in den Ablauf einbauen. Nehmen wir zum Beispiel den Arzt bei einer Operation, dem sage ich: „Wenn du dir die Hände wäschst, achte darauf, wie du den Wasserhahn aufmachst. Hör zu, wie das Wasser fließt. Wie trocknest du deine Hände ab?“
3) Wo haben die Achtsamkeitsmethoden ihre Grenzen im Job?
Wir alle kennen Stress, Stressbewältigung ist der erste Einstieg in das Thema Achtsamkeit. Der Molekularbiologe John Kabat-Zinn ist mit seinem Programm zur „Achtsamkeitsbasierten Stressreduktion“ sehr stolz darauf, dass er alle weltanschaulichen Teile ausgeklammert und die Methode rein auf die Ausrichtung des Geistes und den Körper gebracht hat. Früher galt Meditieren als esoterisch, inzwischen ist der Nutzen wissenschaftlich belegt. Mitgefühl hilft, sich als Teil eines Teams oder Betriebs zu empfinden. Ich denke, man kommt nie an seine Grenzen mit der Achtsamkeit.