Der feste Boden ist physikalisch gesehen ein seltsames, unverständliches Ineinander von sich bewegenden Energiefeldern, das unserem Alltagsdenken auf fundamentale Weise widerspricht. … Wenn Sie in den Boden zoomen würden, dann hätten Sie einen ähnlichen Eindruck wie beim Blick in den Weltraum: Er besteht überwiegend aus nichts anderem als einer weiten Leere.“
– Gert Scobel

Wir ziehen emotionale Geschichten der komplexen Realität vor, und halten uns daran fest. Gefühle, Gedanken und Überzeugungen bestimmen unser Verhalten. Wir sind ihrer immer bewusst. Aber wie bei einem Bildschirm, folgen wir der Geschichte und nehmen das Medium, in dem sie stattfindet, nicht wahr. In der Meditation lassen wir den Geist, also das, worin alles erscheint, zum Vordergrund werden.Mangel können wir nur empfinden, weil unsere Gedanken und Gefühle unsere Aufmerksamkeit fordern. Wir hören ein Geräusch im Raum und sind uns dessen bewusst. Wir spüren Empfindungen im Kiefer oder Körper und sind uns dessen bewusst. Das gleiche gilt für Gedanken und Gefühle. Wir sind uns jeder Erfahrung bewusst. Bewusst zu sein ist also primär. Aber wir können unsere Aufmerksamkeit nicht auf das Bewusstsein selbst oder auf das Gefühl des Seins richten. Sein und Erkennen haben weder dingliche noch haptische Eigenschaften.

In der Meditation lassen wir die Sinnesobjekte, Empfindungen und Gedanken los. Wir stellen fest, wie grob sie im Verhältnis zum Bewusstsein sind, in dem sie erscheinen. Lassen wir uns auf das Erkennen ein, weitet sich unsere Aufmerksamkeit. Das Bewusstsein ist überall und hat keine Grenzen.

Wir hören den Klang einer Glocke. Wir sind der Zeuge, der das wahrnimmt. Es ereignet sich dort, und ich bin hier. Es ist das Objekt und ich das Subjekt. Dazwischen liegt eine Entfernung. Was passiert, wenn aus Subjekt und Objekt das Verb „erkennen“ wird? Wenn wir uns auf das Erkennen einlassen, beginnt sich die Dualität aufzulösen. Wir werden zur Beziehung. Die Trennung entsteht immer wieder neu, indem wir zum Beobachter werden, der etwas wahrnimmt.

Unser gewohntes Denken setzt immer wieder ein. „Ich nehme wahr, ich bin der Beobachter.” In der Meditation achten wir darauf, wie diese Selbstwahrnehmung immer wieder neu entsteht. Das ist der Anfang vom Ego. Dieser Satz hilft das loszulassen: „Ich bin mir bewusst, dass ich bewusst bin.” Wenn dir etwas bewusst ist, bedeutet das, dass du das nicht sein kannst. Indem wir erkennen, wie ein Ego, eine Persönlichkeit, das „mir“ und „mein“ entstehen, nähern wir uns dem, was dahinter steht. Wir lassen die Gedanken und Geschichten los, indem wir erkennen, wie sie entstehen. Wenn wir im Bewusstsein ruhen, fürchten und sorgen wir uns nicht. Wir empfinden den innewohnenden Frieden, Liebe und Mitgefühl. Wir wollen nichts erreichen, nur sein, denn es ist immer alles da. Wer jedoch die Einheit als Ziel anstrebt, hat ein Konzept. Bemühen trennt das Gesuchte vom Suchenden und somit von der Einheit.

Gerald Blomeyer, Berlin, 6. Dezember 2020

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Bild: Erde im Elektronen-Mikroskop (c) ArcheWild

 

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