Wir sind alle mal verletzt worden, körperlich wie seelisch. Das gehört zum Leben. Weil wir das schmerzhaft finden, schützen wir uns gern mit dem Spruch: „Vertrauen ist gut, Kontrolle besser.“ Dabei ist verletzlich zu sein eine wichtige soziale Kompetenz und die entscheidende Grundlage für befriedigende Beziehungen. „Verletzlichkeit macht stark: Wie wir unsere Schutzmechanismen aufgeben und innerlich reich werden“ ist der Titel eines Buchs von Brené Brown. Ohne verletzlich zu sein, schreibt sie, gibt es weder Kreativität noch Liebe. Ohne bereit zu sein zu versagen, keine Innovation.

Mut zu haben bedeutet, bereit zu sein, verletzt zu werden. Bereit zu sein, Unsicherheit und Risiko emotional in Kauf zu nehmen. Verletzlich zu leben, ist eine Entscheidung für Beziehungen, ohne die es keine Nähe und Intimität gibt. Erst mit Vertrauen können wir Verletzlichkeit zulassen, denn sie berührt den Kern unseres Seins. Wer dem Partner vertraut, kann sich auf die Beziehung einlassen. Aber die Beziehung beginnt bei uns: Ohne Selbstvertrauen und Selbstliebe, können wir keinen Partner vertrauen.

In der Meditation fragen wir: Was passiert, wenn wir uns auf Schmerz oder Panik einlassen, statt sie zu bekämpfen? 

Die Antwort kommt aus uns selbst: Wenn wir aufgeben, ständig darüber nachzudenken, erlauben wir uns, einfach „zu sein“. Die Gründe für unser Leiden verschwinden nicht, aber wir können sie kommen und gehen lassen, ohne ihnen zu folgen. Wir nehmen wahr, dass das erkennende Bewusstsein schon da war und immer da ist. Es ist unsere wahre Natur. Damit gewinnen wir Abstand vom Leiden: „Ich bin nicht der Schmerz, ich bin mir des Schmerzes bewusst.“

Angst und Furcht entstehen, wenn wir glauben, dass alle anderen Menschen von uns getrennt leben. Das ist die Folge rationalen Denkens und der fünf Sinne. Die Meditation ermöglicht hingegen dem Verstand und den Sinnen, sich von dieser gewohnheitsmäßigen Sicht zu lösen. Wir erkennen, dass wir nicht getrennt vom Kosmos existieren, wir erleben eine dynamische Stille, die wir Liebe nennen.

Die Meditation ist eine Einladung des Herzens, die Liebe zu erkennen und zu erfahren. Unsere Gedanken und Emotionen verändern sich ständig. Doch trotz dieser Veränderungen ist das Bewusstsein immer präsent. Unser müheloses Bewusstsein ist Teil jeder Erfahrung, die wir machen. Während unsere Gedanken und Emotionen sich ständig verändern, ist das Bewusstsein immer präsent. Es ist – in den Worten von Mingyur Rinpoche – weit offen wie der Himmel, tief und weit wie der Ozean und stabil und beständig wie ein Berg. Indem wir erkennen, dass das Bewusstsein immer vorhanden ist, sehen wir, dass wir vollständig und mit allem verbunden sind. Auf dieser Ebene können wir nicht verletzt werden, sondern handeln mit Mut und Vertrauen.

Foto (c) Kimberley L. Bryant

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