Wie es ist – Essenz von Dzogchen und Mahamudra von Tulku Urgyen Rinpoche
2 Bände, 3. Auflage 2015, Joy Verlag, ISBN 978-3-928554-76-3, ISBN 978-3-928554-77-0
Rezension erschienen in Tibet und Buddhismus115/2016 https://www.tibet.de/zeitschrift/rezensionen/
Tibet war einst berühmt für seine geheimen Lehren. Glücklicherweise meinen heute viele Lehrer, dass es richtig ist, interessierten Menschen die Essenz des „geheimen Mantra“, des Dzogchen der Nyingma Schule und die Mahamudra-Belehrungen der Kagyü-Schule zu erklären. Diese beiden Bände von Tulku Urgyen Rinpoche (1920-1996) sind ein wahrer Schatz, denn sie führen uns in die Natur des Geistes ein. In einem warmen, einfachen Erzählstil zeigt er, wie wir diesen natürlichen Zustand des Geistes (Rigpa), der selber unbeschreiblich bleibt, erleben können. Das Ziel ist, alle Dinge so zu erleben und zu sehen, wie sie tatsächlich sind.
Jeder kann Rigpa selbst erkennen, weil das Bewusstsein zu jeder Zeit in uns und mitten in unserem eigenen Erleben gegenwärtig ist. Tulku Urgyen warnt davor zu glauben, dass man diese Einsicht mit fleißigem Meditieren ‚herausmelken‘ könne. „Je mehr unsere Meditation von Konzepten geprägt ist, desto mehr werden diese Qualitäten verdeckt. Unsere Meditation verdeckt dann, was bereits spontan vorhanden ist.“
Wer die Natur des Geistes bzw. das Gewahrsein aktiv sucht, wird es nicht finden, denn Bemühen, Hoffnung und Absicht beruhen auf dem Denken. Die einzige Methode, um Rigpa zu verwirklichen, ist es, still zu werden, loszulassen und sich vollständig einzulassen. Für Tulku Urgyen sind die üblichen Shamatha- und Vipassana-Meditationen deshalb lediglich nützliche Vorbereitungen, um wirre Gedanken zu einem gewissen Grad zu beruhigen. Um Rigpa zu sehen, müssen Shamatha zur gleichbleibenden Qualität der angeborenen Stetigkeit und Vipassana zum natürlichen Gefühl der Wachheit werden. Dann wird die Meditation zur „Nicht-Meditation“, in der es nichts zu tun oder zu verändern gibt. „Man muss überhaupt nichts tun, außer sich eben darin zu üben. Weil es zu einfach ist, weil es ganz einfach zu leicht ist, ist es für die meisten Leute kaum zu glauben.“
In den Büchern erklärt er auch, wie man mit dieser Einsicht den tibetischen Buddhismus und das Gottheiten-Yoga besser verstehen und effektiver praktizieren kann.
Tulku Urgyen Ripoche (1920-1995) war einer der großen Dzogchen Meister unserer Epoche. Er studierte und praktizierte Dzogchen und Mahamudra und war der Dzogchen–Lehrer des späten sechzehnten Karmapa.
Diese Vorträge wurden in 1994 und 1995 gehalten, von Erik Pema Künsang übersetzt und von Marcia Binder Schmidt editiert. Heute geben neben seinen vier bekannten Söhnen Chökyi Nyima, Tsikey Chokling, Tsoknyi und Mingyur Rinpoche auch zahlreiche westliche Schüler diese Lehren weiter.
Die beiden sehr empfehlenswerten Bände können unabhängig voneinander gelesen werden und bilden jeweils für sich eine Einheit.