Buchbesprechung,  Tibet und Buddhismus, Juni 2016, S. 80f

„Lazy Lama“

Von Milch zu Joghurt
Rezepte für Leben und Sterben.
Drei Vorträge von Ringu Tulku Rinpoche.
Manjughosha Edition, Berlin 2014, 80 S., 19,90 €

Anfangs fand ich es befremdlich, dass ein bekannter Lehrer wie Ringu Tulku Rinpoche, sich als „Lazy Lama“ bezeichnete. Er, der soviel studiert und Bücher geschrieben hat, der weltweit lehrt und unterwegs ist, der Klöster, Krankenhäuser und Zentren betreut, will faul sein? Um diesen „Titel“ zu unterstreichen, hat er sogar eine gleichnamige Mini-Buchserie veröffentlicht. Der Name ist also Programm.
Ringu Tulku ist immer entspannt und er lächelt viel. Er zeigt Möglichkeiten auf und regt Menschen an, über ihr eigenes Leben und das, was wirklich ist, nachzudenken. Auch wenn es um komplexe Themen geht, bleibt seine Sprache immer sanft und verständlich. Hier geht es also nicht um „Faulheit“ im üblichen Sinn, sondern eher, wie beim Software-Ingenieur, um Effizienz. Um langfristig Zeit zu sparen und faul sein zu können, muss die Basis stimmen. Jetzt ist es klar: Faul sein, heißt klug sein.
„Von Milch zu Joghurt“ fasst drei Vorträge aus den Jahren 1995, 1999 und 2008 zusammen. Sie handeln von Wiedergeburt, der Bedeutung eines Lehrers und dem Umgang mit dem Tod. Rinpoche ermutigt den Leser, sich selbst zu prüfen, um sich eine annähernde Gewissheit der wichtigsten Prinzipien der buddhistischen Philosophie zu verschaffen.
„Die wahre Natur aller Dinge ist wechselseitige Abhängigkeit“ schreibt er. Es gäbe nichts, das für sich allein existieren könne. Nichts habe einen festen Kern oder sei beständig. Was aus Elementen zusammengesetzt ist, sei durch viele Umstände entstanden und werde deshalb wieder auseinander fallen. Alles vergehe, bewirke dadurch etwas Neues und ist Teil eines unaufhörlichen, umfassenden Wandlungsprozesses.
Das Leben, Sterben und die Wiedergeburt seien vergleichbar mit Milch und Joghurt. Ohne Milch gibt es keinen Joghurt. Joghurt ist aber eine andere Substanz als die ursprüngliche Milch. Ähnlich sei der Übergang von einem Leben in ein anderes: „Jetzt bin ich Milch, aber im nächsten Leben könnte ich Joghurt werden!“
Ablehnung und Anhaftung schaffen Leid. Sie entstehen, weil es uns an Einsicht und Weisheit fehlt. Ein spiritueller Freund oder Lehrer kann uns zeigen, wie wir uns von unserem Unglück befreien, um glücklich zu sein. Einen authentischen Lehrer zu finden, ist deshalb wichtig, weil es schwer ist, einmal fehlgeleitet, seinen Weg zurück zu finden. Deshalb müssen wir den Lehrer auf verschiedenen Ebenen prüfen.
Erst mit Vertrauen und Hingabe können wir unser Herz öffnen. Rinpoche bezeichnet dies als die Hauptpraxis. „Wenn Hingabe aufsteigt, öffnet sie das Herz und im selben Augenblick geschieht etwas mit deinem Körper. Es ist inspirierend.“
Ringu Tulku behandelt auch das Thema, das wir am meisten fürchten: das Sterben. Um unsere Ängste zu überwinden, gilt es den Tod zu konfrontieren, ihn zu verstehen, und uns auf ihn vorzubereiten. Geist und Körper haben ihr eigenes Kontinuum. Mit dem Tod endet der Körper. Aber wie setzt sich der Geist fort? „Das Gewahrsein selbst dauert fort. Gewahrsein ist kein Ding. Weil Gewahrsein keine physische Substanz hat, kann es auch nicht ausgelöscht oder zerstört werden. Es muss fortbestehen, es muss weitergehen. Deshalb sollten wir uns daran erinnern, dass es keinen Grund gibt, Angst zu haben, denn der Tod ist nur ein weiterer Wandel in diesem Kontinuum.“

Ich empfehle Ihnen dieses kluge Bändchen von Lazy Lama.

– Gerald Blomeyer

Hier kann die Buchbesprechung als PDF Datei heruntergeladen werden.

Pin It on Pinterest

Share This